Einleitung
Diese Ausstellung lädt Sie dazu ein, anhand der 200-jährigen Geschichte der Berliner Mission den Missionsgedanken zu reflektieren. Welche Ideen, Erwartungen, Fragen und Auswirkungen brechen sich am Werdegang der Mission im Spiegel der Geschichte? Dabei ist es uns wichtig, unterschiedliche Perspektiven darzustellen und die Verflechtungen mit den jeweiligen – auch kolonialen – Weltbildern offen zur Sprache zu bringen.
Viele der historischen Dokumente verwenden problematische Begrifflichkeiten. Wir wollen sie nicht verschweigen und gleichzeitig deutlich machen, dass sie unserem heutigen Sprachgebrauch und unserer Einstellung widersprechen. Wir „stören“ daher diskriminierende Begriffe sowohl bei der Textgestaltung als auch in den Hörstücken. Eine vertiefende Erklärung finden Sie im Glossar.
Das Wort Mission kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Sendung oder Auftrag. Das Neue Testament berichtet von Männern und Frauen, die von ihrem Glauben an Jesus Christus erzählen. Sie wurden später Missionar:innen genannt. Daraus ist das Wort missionieren entstanden.
Paulus war ein Missionar:
»Und eine gottesfürchtige Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu, der tat der Herr das Herz auf, so dass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde. Und sie ließ sich mit ihrem ganzen Haus taufen.« [Apostelgeschichte 16, 14-15]
In einer Predigt zitiert Jesus den Propheten Jesaja [Jes 61, 1-2]:
»Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.« [Lukas 4, 18-19]
Die Hirten aus der Weihnachtsgeschichte erzählen von Jesus:
»Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kind gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten.« [Lukas 2, 17-18]
Petrus ermuntert die Christ:innen, über ihren Glauben zu sprechen:
»Ehrt vielmehr Christus, den Herrn, indem ihr ihm von ganzem Herzen vertraut. Und seid jederzeit bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch auffordert, Auskunft über die Hoffnung zu geben, die euch erfüllt. Aber tut es freundlich und mit dem gebotenen Respekt, immer darauf bedacht, ein gutes Gewissen zu haben.« [1. Petrus 3, 15-16]
Um Mission besser zu verstehen, kann man folgende Fragen stellen:
Mission gehört seit Beginn des Christentums zum Wesen der Kirche. So hat sich der Glauben an Jesus Christus über die ganze Welt verbreitet. Die Geschichte der christlichen Mission in den letzten 2000 Jahren ist sehr vielfältig. Und das Verständnis von Mission hat sich immer wieder verändert.
Die »Gesellschaft zur Beförderung der Evangelischen Mission unter den Heiden« wurde 1824 in Berlin gegründet.
Auszug aus der Nachricht von der Bildung der Gesellschaft §1. Grundsätze der Gesellschaft:
Durchdrungen von Mitleid mit dem jammervollen geistlichen Zustande und der daraus folgenden äußerlichen Entartung und Verwilderung der Millionen Heiden, welche mit uns auf der Erde leben, und mit denen wir uns, trotz jener Entstellung des göttlichen Ebenbildes, stammverwandt fühlen; gegründet auf die Überzeugung, dass das Evangelium eine Kraft Gottes ist, selig zu machen Alle, die daran glauben, und dass von demselben aus überreichliche Segnungen, ... auf uns herabgeflossen sind, findet sich die Gesellschaft angeregt, unseren entarteten Brüdern dies höchste Gut mitzutheilen, und dadurch den Willen des Herrn zu erfüllen, der noch heute durch sein Wort zu den Seinigen spricht:
»Gehet hin und lehret alle Völker, taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie alles, was ich euch befohlen habe...« [Matthäus 28, 19-20]
Der Zeitstrahl präsentiert 1. Daten der Weltgeschichte, die für die Berliner Mission prägend waren, 2. Ereignisse an Orten, an denen die Berliner Mission wirkte, 3. Porträts einzelner Personen unserer Missionsgeschichte. Die Transformation der Berliner Mission von einer klassischen Missionsgesellschaft hin zu einem ökumenischen und interreligiösen Netzwerk mit Partner:innen in aller Welt vollzieht sich auf den letzten Tafeln.
Diplomaten aus elf Staaten aus Europa, den USA und dem Osmanischen Reich, trafen sich 1884 – 1885 in Berlin zur sogenannten Kongo-Konferenz. Afrikaner:innen waren auf der Konferenz nicht vertreten. Die Teilnehmenden einigten sich auf ein Regelwerk, das die Grundlage für die Errichtung europäischer Kolonialregime auf dem Kontinent bilden sollte. Die Kongo-Konferenz steht damit bis heute für die gemeinsame planvolle Unterwerfung Afrikas durch europäische Mächte. Artikel 6 der Generalakte betont die Bedeutung der christlichen Mission für die Kolonisierung des afrikanischen Kontinents. Missionar:innen sollten die „Eingeborenen […] unterrichten und ihnen die Vortheile der civilisation verständlich“ machen.
Quelle: Bley, Helmut: Künstliche Grenze, natürliches Afrika? Um die Berliner Kongokonferenz von 1884-1885 ranken sich allerhand Mythen (https://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/Bley-Kongokonferenz.htm, Zugriff: 26.01.2024)
Die Entdeckung von Gold- und Diamantenvorkommen in Südafrika löste einen Konflikt aus, in dem das British Empire versuchte, sich der Burenrepubliken, des Oranje-Freistaats und der Südafrikanischen Republik (Transvaal), zu bemäch- tigen. Der daraus resultierende Krieg war von zahlreichen Kriegsverbrechen von beiden Seiten begleitet. Die BMG bemühte sich, in dem Konflikt neutral zu bleiben, was jedoch nicht gelang. Missionsstationen wurden von beiden Seiten als Kommandoposten oder Lazarette genutzt, viele aber auch beschädigt oder zerstört. Intern hatte die BMG mit Loyalitätskonflikten zu kämpfen. Die meisten deutschen Missionar:innen sympathisierten mit den Buren, die Schwarzen Konvertierten dagegen mit den Briten. Die Missionar:innen waren selbst nicht an Kampfhandlungen beteiligt, wohl aber ihre Söhne. Dies hatte zur Folge, dass auch Berliner Missionar:innen interniert wurden. Die südafrika- nischen Konvertierten und Schwarzen Missionsangehörigen wurden von Briten und Buren in den Militärdienst rekrutiert und als Zwangsarbeiter missbraucht.
Quellen:
Kirkaldy, Alan: Berlin missionaries in internal conflicts in the Vha-Venda polity and in conflicts between the Vhavenda and the Zuid-Afrikaansche Republiek, c. 1870-1900, in: Ulrich van der Heyden, Holger Stoecker (Hg.) Mission und Macht: im Wandel politischer Orientierungen; europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, S. 373-387.
Heese, Hans: British, boers and Berlin missionaries: the Anglo Boer War and its aftermath, in: Ulrich van der Heyden, Holger Stoecker (Hg.) Mission und Macht: im Wandel politischer Orientierungen; europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, S. 425-436.
Pakendorf, Gunther: A Brief History of the Berlin Mission Society in South Africa, in: History Compass 9, 2 (2011): 106–118.
Van der Heyden, Ulrich: Martinus Sewushan: Nationalhelfer, Missionar und Widersacher der Berliner Missionsgesellschaft im Süden Afrikas, Neudettelsau 2004.
Die „Boxer“-Bewegung begann als eine volksreligiöse Protestbewegung in der Provinz Shandong. Die Bewegung „Faustkämpfer für Gerechtigkeit und Harmonie“ (Yiehequan) sah die chinesische Gesellschaft vor allem durch christliche Missionar:innen und chinesische Konvertierte bedroht, die sie als Agenten des westlichen Imperialismus betrachteten. Als die „Boxer“-Bewegung Unterstützung von der chinesischen Regierung erhielt, schlug die Situation in Gewalt um, wobei mehr als 400 ausländische Missionar:innen und zehntausende chinesische Konvertierte ums Leben kamen. Auch in der BMG gab es Opfer zu beklagen, und viele Missionsstationen wurden zerstört. Eine internationale Koalition, darunter das Deutsche Reich, intervenierte militärisch in China. Zunächst ging sie gegen die vor, später auch gegen das chinesische Militär. „Boxer“ Die ausländischen Truppen plünderten chinesische Städte und töteten oft wahllos Chines:innen. China wurde daraufhin gezwungen, einen demütigenden Friedensvertrag zu unterschreiben und hohe Reparationszahlungen zu leisten. Der Berliner Missionar Julius Wendland schrieb über den Konflikt in den Berliner Missionsberichten 1901: „Der maßlose Hochmut des confuzianischen Chinesentums mußte jetzt gebrochen werden, und er konnte nicht anders gebrochen werden, als so wie es geschehen ist. China ist nun offen für das Evangelium.“ Superintendent Voskamp in Qingdao hingegen kritisierte offen das Vorgehen der kaiserlichen Invasionstruppen.
Quellen:
Klein, Thoralf: Aktion und Reaktion? Mission und chinesische Gesellschaft, in: Mechthild Leutner, Klaus Muhlhahn (Hg.) Kolonialkrieg in China, Die Niederschlagung der Boxerbewegung 1900-1901, Berlin 2007, S. 32-42.
Dabringhaus, Sabine: Motivation, Unterstützung und Mobilisierung, in: Mechthild Leutner, Klaus Muhlhahn (Hg.) Kolonialkrieg in China, Die Niederschlagung der Boxerbewegung 1900-1901, Berlin 2007, S. 60-68.
Wu, Albert Monshan: From Christ to Confuzius, German Missionaries, Chinese Christians, and the Globalization of Christianity, Yale 2016.
Hilferuf der durch die Kämpfe in Südafrika und China bedrängten Berliner (I.) Mission, in: BMB (1901), S. 67-69
Wendland, Julius: Südchina, in: BMB (1902), S. 55-96.
Monika Gänßbauer: Deutsche protestantische Missionsunternehmen in China zwischen Glaubensmission und den Aspirationen imperialer Mächte, in: Von Norden und von Süden … 20 Jahre Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache Peking. Dokumentation der Jubiläumswoche 2.–9. Juni 2013 (Selbstverlag), S. 271f.
Der Maji-Maji-Krieg war die größte militärische Widerstandsbewegung gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Ostafrika. Was als Protest gegen Steuern und Zwangsarbeit begann, entwickelte sich rasch zu einem religiös-ideologischen Freiheitskampf, der den gesamten Süden der Kolonie erfasste. Die Reaktion der Kolonialmacht war äußerst brutal und führte zur Verwüstung ganzer Landstriche. Dadurch lösten die Kolonialtruppen eine gewaltige Hungersnot aus, der 100.000 bis 300.000 Menschen zum Opfer fielen. In einem Fall waren auch Berliner Missionar:innen an den Kämpfen beteiligt. Um die Missionsstation Jakobi entbrannte eine regelrechte Schlacht. Auch weil sich auf der Station Kolonialsoldaten befanden, wurden die Missionar:innen als Kriegspartei wahrgenommen. Im Missionsbericht von 1907 kommentierte der Missionar Arenfeld: „Immerhin ist der furchtbare Anschauungsunterricht von dem Elend der Aufständischen, ihrem Hungern und Sterben, im Gegensatz zu den Treugebliebenen gewiß nicht wertlos gewesen.“
Der Berliner Missionar Gröschel sagte zur Verteidigung der Missionsstation Jacobi mit Waffengewalt:
„War es ein Unrecht, dass wir uns mit der Waffe verteidigten? Mein Gewissen verklagt mich darüber nicht. Dass wir die Waffen gegen die erheben mussten, unter denen wir wohnten, um ihnen die Friedensbotschaft von ihrer Seelen Heil und Leben zu bringen, und dass an dem Ort, wo des Herrn Name gepredigt wird, so viel Menschenblut fließen musste, das ist mein größter Schmerz. […] Der HERR wolle sich des armen, verirrten Volkes erbarmen und unserer Obrigkeit, die ja hier gewiss das Schwert und die Waffen mit Ernst gebrauchen muss, rechte Weisheit geben. Es werden, menschlicher Voraussicht nach, dem so verblendeten Volk die Augen wohl nicht eher aufgehen, als bis noch vieler Augen durch des Schwertes Schärfe für immer geschlossen sind.”
Quellen:
Audio: Berliner Missionsberichte 1906, S. 92 und 93.
Erklärung der Evangelischen Missionswerke anlässlich des Gedenkens an den Ausbruch des Maji-Maji-Krieges vor 100 Jahren, in: Hinz, Hans-Martin (Hg.) Mit Zauberwasser gegen Gewehrkugeln: der Maji-Maji-Aufstand im ehemaligen Deutsch-Ostafrika vor 100 Jahren ; Symposium des Berliner Missionswerkes, der Berliner Gesellschaft für Missionsgeschichte und des Deutschen Historischen Museums am 11./12. November 2005, Deutsches Historisches Museum Berlin, Frankfurt am Main 2006, S. 163-165.
Giblin, Monson; Monson, Jamie (Hg.) Maji Maji, Lifting the fog of war, Leiden 2011.
Iliffe, John; Gwassa, Gilbert Clement Kamana: Records of the Maji Maji Rising, Part One, Nairobi 1974.
Jentsch, Annekathrin: Zauberwasser gegen Gewehre: vor 100 Jahren begann der Maji-Maji-Krieg, in: Eine Welt 85, 4 (2005) S. 22-23.
Die Katastrophe des Ersten Weltkrieges stellte für die Berliner Missionsgesellschaft in vielerlei Hinsicht eine Zäsur dar. Der große Optimismus der Weltmissionskonferenz zur internationalen Zusammenarbeit wurde durch den Krieg zunichte gemacht. Viele Berliner Missionare wurden Soldaten oder Feldprediger. Geldüberweisungen in die Missionsgebiete wurden unmöglich, denn auch in den deutschen Kolonien, allen voran in Ostafrika, wurde erbittert gekämpft. Die Berliner Missionar:innen wurden zunächst interniert und nach Kriegsende ausgewiesen. Erst ab 1925 durften sie wieder in die Missionsgebiete zurückkehren. Damit war das konstante Wachstum der Missionsgesellschaften beendet. Ende des 19. Jahrhunderts hatte die BMG in Afrika 49 Missionsstationen, 99 Außenstationen und 190 Gebets- plätze betrieben. Der Jahresbericht von 1907 vermerkte allein für Südafrika 70 Missionar:innen und 890 Schwarze Helfer:innen. Diese Zahlen sollten nicht mehr erreicht werden. Der Krieg hatte auch für die Christ:innen in den Kolonien eine große Bedeutung. Er verdeutlichte, dass die angeblich der christlichen Europäer:innen überlegene Zivilisation brüchig war, da sie trotz des gemeinsamen Glaubens gegeneinander Krieg führten. Während der erzwungenen Abwesenheit der Berliner Missionar:innen führten einheimische Evangelist:innen und Lehrer:innen die Arbeit fort. Dadurch trugen sie teilweise erheblich zum Kirchen- wachstum bei, und die Selbstorganisation der afrikanischen Gemeinden erhielt eine ganz neue Dynamik.
Quellen:
Ludwig, Frieder: Der Erste Weltkrieg als Einschnitt in der Kirchen- und Missionsgeschichte, Berlin 2003.
Nzalayaimisi, Gabriel K.: In praise of the African Berliners: Some refelctions on World War I in the Berlin Mission Society fields in Tanzania up to 1939, in: Ulrich van der Heyden, Helge Wendt (Hg.) Mission und dekoloniale Perspektive, Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines globalen Prozesses, Berlin 2020, S. 143-154.
Pakendorf, Gunther: Die christliche Mission und der Untergang des Abendlandes, in: Ulrich van der Heyden, Helge Wendt (Hg.) Mission und dekoloniale Perspektive, Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines globalen Prozesses, Berlin 2020, S. 155-168.
Viele protestantische Missionar:innen, sowohl in den Missionsgebieten als auch in der Leitungsebene in Deutschland, begrüßten die Machtergreifung der Nationalsozialisten, auch wenn einige dies später bereuten. Missionar:innen der BMG waren teilweise in der Bekennenden Kirche aktiv, was aber nicht eine generelle Ablehnung des NS-Regimes bedeutete. Die missionstheologische Ausrichtung der BMG, die sogenannte Volkschristianisierung, eignete sich dafür, in rassistische Ausgrenzungspolitik umgedeutet zu werden. Siegfried Knak, Direktor der BMG von 1921 bis 1949, formulierte hinsichtlich der „Rassenfrage“: „Was Gott getrennt hat, soll der Mensch nicht verbinden“. Die BMG hatte im NS-„Rassenstaat“ jedoch auch mit Problemen zu kämpfen. Ihre Arbeit in Afrika und China wurde gesellschaftlich abgewertet und die Mission erhielt weniger Spenden. Zudem schadete die quasi-religiöse Überhöhung der NSDAP und der Person Hitlers religiösen Organisationen wie der BMG. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden viele Missionar:innen der BMG in den Missionsgebieten interniert oder ausgewiesen, ähnlich wie schon im Ersten Weltkrieg. Dadurch kam die Arbeit in den Missionsgebieten teilweise zum Erliegen oder wurde vermehrt von einheimischen Kräften fortgeführt.
Quellen:
Ustorf, Werner: Sailing on the next tide: missions, missiology, and the Third Reich, Frankfurt am Main 2000.
Ustorf, Werner: Mission im Nationalsozialismus, Berlin 2002.
Dehn, Ulrich: Missionswissenschaftler im Nationalsozialismus – zwischen Anpassung und Überzeugung, in: Interkulturelle Theologie, 48, 1 (2022), S. 53-65.
Fischer, Moritz: Schlaglichter auf die historischen Verflechtungen von deutscher evangelischer Mission und ihrer Theologie mit dem NS-Regime und seiner Ideologie, in: Interkulturelle Theologie, 48, 1 (2022), S. 30-52.
De Wit, Chris: Between Nationalists in South Africa, National Socialists in Germany and the British Empire: Berlin Missionaries in South Africa, 1933-1945, in: Ulrich van der Heyden, Holger Stoecker (Hg.) Mission und Macht: im Wandel politischer Orientierungen; europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, Stuttgart 2005, S. 687-696.
Die politische Entmündigung Schwarzer Südafrikaner:innen und die rassistische Segregationspolitik begann lange vor dem System der Apartheid. Bereits 1913 legte der Natives Land Act eine räumliche Trennung der Bevölkerungsgruppen in Südafrika fest, wodurch der Schwarzen Bevölkerung nur noch sieben Prozent des Landes zustanden. Die BMG hatte ein gespaltenes Verhältnis zu dieser rassistischen Politik, denn auch vielen Missionar:innen war die Ungerechtigkeit dieser Politik bewusst. Sie waren jedoch, trotz einiger Gegenstimmen, mehrheitlich damit einverstanden. Einerseits lebten sie eng mit den weißen Siedler:innen zusammen und waren vielfach mit ihnen verschwägert. Aus diesem Grund sympathisierten viele Berliner Missionar:innen mit den Buren und ihrer Politik. Andererseits lag es am missionstheologischen Ansatz der „Volkschristianisierung“, der Schwarze Südafrikaner:innen – auch gegen deren Willen – vor „Europäisierung“, d. h. Urbanisierung, Industrialisierung und Modernisierung ihrer Gesellschaften „bewahren“ wollte. Damit wurde eine kulturelle und letztlich hierarchische Kluft zwischen weiß und Schwarz festgeschrieben, die sich ohne Weiteres in eine rassistische Segregation, die Apartheid, ummünzen ließ. Werner Eiselen, der Sohn einer Berliner Missionarsfamilie war und 1949 Staatssekretär für „Eingeborenenangelegenheiten“ wurde, wird bis heute als einer der Vordenker der Apartheid angesehen.
Quellen:
Audioquelle: Brief von Sol Plaatje an Rev. Joseph Booth, 18.07.1916 (https://hipsa.org.za/publication/sol-t-plaatje-a-life-in-letters/
Pakendorf, Gunther: Mission, Kolonialismus und Apartheid: ein Blick auf die historische Rolle und Verantwortung der Mission in Südafrika, in: Ulrich van der Heyden, Holger Stoecker (Hg.) Mission und Macht: im Wandel politischer Orientierungen; europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, S. 547-562.
Pakendorf, Gunther: Christliche Mission und Apartheid, in: Interkulturelle Theologie 26, 1 (2000), S. 92-94.
Elphick, Richard: The Equality of Believers: Protestant Missionaries and the Racial Politics of South Africa, Charlottesville 2012.
Die Übertragung von Gebieten im Osten an Polen und Russland sowie die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg stellte die Berliner Missionsgesellschaft vor große Herausforderungen. Viele Unterstützer:innen der BMG kamen aus den Gebieten, die nun nicht mehr zu Deutschland gehörten. In der DDR war die Arbeit der BMG starken Einschränkungen unterworfen. Das Missionsblatt durfte nicht erscheinen, Spenden durften nicht erbeten werden und Veranstaltungen konnten nur in geschlossenen kirchlichen Räumen stattfinden. Kirchen und Missionswerke wurden von der Staatssicherheit überwacht. Eine Reiseerlaubnis ins Ausland zu den Konferenzen der Ökumene erhielt nur der Direktor. Gelder konnten lediglich aus dem Westen nach Übersee überwiesen werden. Trotzdem entschied man sich gegen eine komplette Verlegung der BMG in den Westen, denn so wäre der Kontakt zu Unterstützer:innen im Osten abgerissen. Die Situation verschärfte sich jedoch mit dem Bau der Berliner Mauer, sodass die Auslandsarbeit 1969 doch in den Westen verlagert werden musste. Dies führte zur Teilung der BMG. Im Osten entstand 1975 das Ökumenisch-Missionarische Zentrum/Berliner Missionsgesellschaft (ÖMZ/BMG), im Westen das landeskirchliche Berliner Missionswerk.
Friedensgebete und Montagsdemonstrationen in vielen Orten der DDR stärkten die Bürgerbewegung und den Widerstand gegen das SED-Regime. Die Staatssicherheit verstärkte die Überwachung des Missionshauses. Am 9. November 1989 wurde die Mauer, die Berlin und die beiden deutschen Staaten 28 Jahre getrennt hatte, geöffnet. Im Zuge der Wiedervereinigung trat 1991 das Missionswerk der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg mit allen Rechten und Pflichten in die Rechtsnachfolge des Ökumenisch-Missionarischen Zentrums/BMG ein. Zu dieser Zeit hatte das ÖMZ /BMG 85 und das Missionswerk West 55 Beschäftigte sowie 25 ins Ausland entsandte Beschäftigte. Nachdem die meisten Abteilungen beider Werke 1991 zunächst im Missionshaus in Friedenau untergekommen waren, konnte das Berliner Missionswerk im Jahr 2000 in das alte Missionshaus zurückkehren.
Quelle: Christfried Berger: Vom ÖMZ/BMG zum BMW – Versuch einer Bilanz, in: Berliner Mission im geteilten Deutschland. Gespräche mit Zeitzeugen. Hg. v. Johannes Althausen, Gerdi Nützel und Andreas Feldtkeller, Berlin 2004, S. 36-46 und: Zeugnis und Dienst in der weltweiten Ökumene, Bericht der Bischofsvisitation im Berliner Missionswerk, 2008.
Alexander Merensky war einer der umtriebigsten und kontroversesten Missionare der BMG. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, eine Karriere als Missionar erschien ihm vielversprechend. Nach seiner Ausbildung im Berliner Missionshaus ging er 1859 nach Südafrika, wo er mehrere Stationen im Gebiet der Bapedi gründete, bis er von dort vertrieben wurde. Im 1. Burenkrieg 1879 arbeitete er als Arzt für die Buren. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland setzte er sich für die Kolonialbewegung ein. Er verfasste unter anderem Schriften über die „effiziente“ Arbeitsausbeutung kolonisierter Afrikaner:innen. 1891 gründete er die erste Station der BMG in Ostafrika und wurde Superintendent der Nyassa-Synode.
Quellen:
Ulrich van der Heyden: Der Missionar Alexander Merensky als Wissenschaftler, in: Rebekka Habermas, Alexandra Przyrembel (Hg.): Von Käfern, Märkten und Menschen. Kolonialismus und Wissen in der Moderne, Göttingen 2013, S. 49–60.
Carsten Bolz: Alexander Merensky, in: Ulrich van der Heyden, Winfried Brose (Hg.) Mit Kreuz und deutscher Flagge, 100 Jahre Evangelium im Süden Tanzanias – zum Wirken der Berliner Mission in Ostafrika, Münster 1993, S. 140–162.
Sekhukhune I. war ab 1861 der Chief Paramount der Bapedi in Transvaal, dem Nordosten des heutigen Südafrika. Er leistete erst den Buren und nach der Annexion Transvaals durch Großbritannien auch den Briten erfolgreich militärischen Widerstand. Er betrachtete dabei die Missionar:innen der BMG, unter ihnen Alexander Merensky, als Gegner seiner Politik. Er war überzeugt, dass die BMG insgeheim mit den Buren verbündet sei, weshalb er Merensky zusammen mit vielen Konvertierten 1865 aus seinem Gebiet vertrieb. Nach der militärischen Niederlage im Jahr 1879 gegen die Briten und Swazi wurde Sekhukhune gefangengenommen und ermordet.
Quelle: Pakendorf, Gunther: A Brief History of the Berlin Mission Society in South Africa, in: History Compass 9, 2 (2011): 106–118.
Klaas Koen war der erste Schwarze Missionar der BMG. Er wurde 1852 als Sohn christlicher Eltern auf einer Missionsstation in Südafrika geboren und vom Missionarsehepaar Prietsch als Pflegesohn aufgenommen. Zur weiteren Ausbildung kam Koen nach Deutschland, wo er das Examen für das „Predigtamt unter den Heiden“ ablegte. Im Jahr 1877 wurde Koen nach Südafrika entsandt und gründete die Station Georgenholtz, auf der er mit seiner Frau Maria Brose lebte. Schwer an Malaria erkrankt wurde ihm, anders als es bei deutschen Missionar:innen üblich war, die Versetzung aus dem ungesunden Gebiet versagt, er verstarb 1883.
Quellen:
Klaas Kuhn, ein Missionar aus den Hottentotten, Missionsgeschichte, Berlin 1888.
Sander, Imke: Auf dem Weg zur selbstständigen Kirche, Die erste Ordination einheimischer Pastoren der Berliner Mission in Südafrika, Berlin 2004.
Van der Heyden, Ulrich: Der Berliner Missionar Klaas Koen zwischen der Macht des Versprechens und der Resignation der Realität, in: Ulrich van der Heyden; Holger Stoecker (Hg.) Mission und Macht im Wandel politischer Orientierungen, Europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien 1800 und 1945, Stuttgart 2005, S. 87-100.
Martinus Sewushane wurde in den 1830er Jahren im Norden Südafrikas im Gebiet der Bapedi geboren. In den 1860er Jahren arbeitete er dort als Dolmetscher und kultureller Mittler mit Berliner Missionar:innen zusammen. Nachdem diese 1865 durch König Sekhukhune vertrieben wurden, arbeitete Sewushane zunächst als Lehrer auf einer neu gegründeten Station, begann aber auch selbst als Missionar tätig zu werden. Im Jahr 1885 wurde er offiziell ordiniert. Aufgrund von rassistischer Diskriminierung und der Verweigerung eigenständiger Strukturen durch die Vorgesetzten auf der Missionsstation Botshabelo gründete er 1892 die unabhängige Lutheran Bapedi Church und wurde ihr erster Bischof. Die Bapedi Church war die erste unabhängige Kirche im Südlichen Afrika. Sie besteht noch heute. Die BMG betrachtete Sewushane lange als „Abtrünnigen" und ordinierte in der Folge auf Jahrzehnte keine Schwarzen mehr.
Quellen:
Audioquelle: Kommentierter Separationsbrief in: Van der Heyden, Ulrich: Martinus Sewushan: Nationalhelfer, Missionar und Widersacher der Berliner
Sander, Imke: Auf dem Weg zur selbstständigen Kirche, Die erste Ordination einheimischer Pastoren der Berliner Mission in Südafrika, Berlin 2004.
van der Heyden, Ulrich: Martinus Sewushan, Nationalhelfer, Missionar und Widersacher der Berliner Missionsgesellschaft im Süden Afrikas, Neuendettelsau 2004.
Martinus Sewushane formulierte 1891 einen Brief, in dem er sich von der Berliner Missionsgesellschaft lossagte, um eine eigene Kirche zu gründen:
„[W]ir sind müde der harten Herrschaft, der elenden kleinen Gesetze, der thörichten Bezahlungen, die in unserer Mitte durch sie aufwachsen. […] Darum scheiden wir mit Dank: Hört, wir wollen uns trennen von den Lehrern, die hier sind, wir sprechen besonders für uns, selbst anbietend die Arbeit Gottes. Wir wollen auf eigenen Füßen stehen, wir wollen nicht auf dem Rücken getragen werden, bis wir graue Haare haben. Wir wollen die Kirche der Bapedi aufrichten, als einige, gemeinsame, freie, nach ihren eigenen Gesetzen sich regierende.”
Siegfried Knak war nach seinem Studium zunächst als Pfarrer in Pommern tätig und diente im Ersten Weltkrieg als Feldprediger. Ab 1921 übernahm er die Direktion der BMG. Obwohl er sich während der NS-Diktatur in der Bekennenden Kirche den Gleichschaltungsversuchen der Nationalsozialisten widersetzte, war er tief im „völkischen“ Denken verwurzelt. Zwischen 1931 und 1935 verfasste er mehrere Schriften, in denen er die NS-„Rassentheorie“ befürwortete und mit seinem missionstheologischen Weltverständnis verband. Er blieb bis 1949 Direktor der BMG.
Tupewilve Sanga wurde 1898 im südlichen Hochland des heutigen Tansania geboren. Er kam als Hausangestellter mit den Missionar:innen der BMG in Kontakt, arbeitete aber auch als Koch und Lehrer für sie. Als sich 1938 der Zweite Weltkrieg abzeichnete, wurde er als theologischer Kandidat nominiert, um zu verhindern, dass die Gemeinde im Falle eines neuen Krieges ohne Seelsorger dastehen würde. In nur fünf Monaten wurde er zum Pfarrer ausgebildet und ordiniert. Sein Geschick im Umgang mit den Kolonialbehörden und sein unermüdlicher Einsatz trugen wesentlich zum Kirchenwachstum in den südlichen Bereichen der späteren lutherischen Kirche Tansanias bei. In einem Gottesdienst taufte er einmal 400 Personen. Für seine Verdienste um die Unabhängigkeit der lutherischen Kirche wurde ihm 2023 postum die Ehrendoktorwürde der Universität Iringa verliehen.
Quelle: Frank, Martin und Ilomo, Falres: „Tupelvilwe Sanga“, in: Mission: Reflexion. 200 Jahre Berliner Mission, hg. Von Martin Frank. Wichern Verlag 2024.
Ling Deyuan wurde 1883 in der chinesischen Provinz Guangdong geboren. Er besuchte eine Missionsschule der BMG, wo er mit dem Christentum in Berührung kam. Aufgrund seiner Begabung durchlief er erst eine weiterführende Schule und dann das Predigerseminar. Ling wurde 1914 ordiniert und bekam 1927 die Missionsstation Shixing zugewiesen, die er 20 Jahre während des Bürgerkrieges und der japanischen Besatzung betreute. Mit der Machtergreifung der Kommunisten wurde es für Ling zunehmend schwer, für seine Gemeinde zu sorgen. Er trat der patriotischen Drei-Selbst-Kirche bei und versuchte, die politische und ökonomische Situation mit seinem Christentum in Einklang zu bringen. Die Kommunist:innen versuchten, ihn in der Folge als „Revolutionär“ zu vereinnahmen.
Quelle: Wu, Albert Monshan: From Christ to Confuzius, Ferman Missionaries, Chinese Christians, and the Globalization of Christianity, Yale 2016.
Emily Lehman wurde 1912 geboren und in Berlin zur Krankenschwester ausgebildet. 1936 wurde sie in die südchinesische Provinz Guangdong entsandt, wo sie als letzte Missionarin der BMG in China für die Frauen- und Mädchenmission arbeitete. Ihre Zeit in China fiel in eine Zeit schwerer Krisen: Sie erlebte die japanische Besatzung, den chinesischen Bürgerkrieg und die Machtübernahme durch die Kommunistische Partei. Neben ihrer Arbeit führte Lehmann ein umfangreiches Tagebuch. Nach ihrer Ausweisung 1949 verarbeitete sie ihre Aufzeichnungen in verschiedenen Publikationen, die es heute ermöglichen, den Missionsalltag im Spiegel der gewaltvollen chinesischen Geschichte des 20. Jahrhunderts nachzuvollziehen.
Quelle: Lehmann, Emily: Als Missionarin in Süd-China, Erinnerungen 1936-1949, Mit einem Vorwort von Gerhard Tiedemann, Berlin 1997.
Anneliese Dörfer arbeitete 19 Jahre lang als Missionsschwester im Gesundheitsdienst für die BMG in Afrika, davon vier Jahre in Ostafrika und 15 Jahre in Südafrika. Anders als viele Berliner Missionar:innen konnte sie sich nach ihrer Ankunft in Südafrika 1952 nicht mit der Apartheid abfinden. Sie verglich den brutalen Rassismus des Regimes öffentlich mit der Politik der NS-Diktatur. Wegen ihrer deutlichen Kritik an den südafrikanischen Verhältnissen war sie in der BMG unbeliebt. Ihr Einsatz gegen die Zwangsumsiedlung Schwarzer Missionsmitglieder brachte sie mehrmals mit den Behörden in Konflikt. Nach einem schweren Autounfall musste sie 1967 Südafrika aus gesundheitlichen Gründen verlassen.
Quellen:
Kriel, Lize: A space Too Vast and silent? German Deaconesses and the Patriarchy of the Berlin mission in Apartheid Transvaal, in: Comparativ 17, 5/6 (2007), S. 55-75.
Kriel, Lize: Intersections of gender and race in the missionary correspondence of deaconess Anneliese Dörfer, East and South Africa, 1936-1967, in: Historia 53, 2 (2008) S. 98-125.
Najla Mousa Sayegh wurde 1902 in eine anglikanische Familie in Nazareth geboren. Nach ihrem Schulabschluss in Talitha Kumi arbeitete sie zunächst drei Jahre als Lehrerin in Bisan im Jordantal, bevor sie Leiterin einer Mädchenschule in Jaffa wurde. Die Schulleiterin von Talitha Kumi, Schwester Bertha Harz, holte sie 1929 an die Schule. Sayegh besuchte 1933 den diakonischen Kursus in Kaiserswerth und wurde 1937 Diakonisse. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie von der britischen Mandatsregierung interniert. Ab 1950 leitete Sayegh Talitha Kumi zunächst gemeinsam mit Schwester Harz, ab 1962 übernahm sie die alleinige Schulleitung. Für ihre Arbeit erhielt sie das Bundesverdienstkreuz.
Quelle: Ruth Felgentreff: Bertha Harz und Najla Moussa Sayegh: Zwei Diakonissen − eine Aufgabe, ein Dienst, in: Almut Nothnagle (Hg.) Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem! Festschrift zum 150jährigen Jubiläum von Talitha Kumi und des Jerusalemsvereins, Berlin 2001, S. 96–121.
Gudina Tumsa wurde 1929 im Westen Wollegas im damaligen Kaiserreich Äthiopien geboren. In seiner Jugend war Tumsa zunächst Krankenpfleger und Evangelist, bevor er 1958 ordiniert wurde. In den 1960er Jahren studierte er in den USA, wo er sich intensiv mit Martin Luther King und Dietrich Bonhoeffer auseinandersetzte. Nach seiner Rückkehr nach Äthiopien wurde er Generalsekretär der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (EECMY), einer Partnerkirche des Berliner Missionswerkes seit den 1970er Jahren. Tumsa vertrat eine ganzheitliche Theologie, für ihn gab es kein „unpolitisches Leben”. Er setzte sich vehement für die Achtung der Menschenrechte ein. 1979 wurde er von dem Militärregime ermordet.
Quelle: Hirphoo, Tasgaraa:„Pastor Guddinaa Tumsaa - ein Porträt“, in: Jahrbuch Mission 34 (2002). - S. 103-119
Audioquelle: Tumsa, Gudina: Witness and Discipleship, S.70
„In unserem Fall muss die Theologie aus den konkreten täglichen Erfahrungen herauswachsen, aus unserem Umgang mit den gewöhnlichen Angelegenheiten des Lebens, wie wir sie erfahren in unserer Situation, in unserem kulturellen Sitz im Leben, in unserem wirtschaftlichen Leben, in unserer politischen Erfahrung und unserer gesellschaftlichen Praxis. […] Ein apolitisches Leben ist nicht lebenswert. Sich nicht zu engagieren ist eine Leugnung der guten Schöpfung und der Wirklichkeit der Inkarnation […] Die Geschichte des Volkes Gottes im Alten Testament beginnt mit der Befreiung einer Gruppe von Sklaven aus Unterdrückung. Nichts ist politischer als diese biblische Erzählung. […] Afrikanische Theologie sollte eine politische Theologie entwickeln, die relevant ist für das afrikanische politische Leben.”
Joyce Damian Ngandango wurde 1979 in der Region Iringa im Süden Tansanias geboren. Nach ihrem Theologiestudium und ihrer Ordination übernahm sie 2016 die Leitung des Huruma-Zentrums in Iringa. Das Huruma-Zentrum betreut Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern in der Aids-Epidemie verloren haben oder aufgrund von Gewalterfahrungen Schutz benötigen. Das Kinderheim wird von der ELCT betrieben, der heutigen Partnerkirche des Berliner Missionswerkes. Als Seelsorgerin und Leiterin des Huruma-Zentrums kümmert sich Ngandango mit einem Team um mehr als 40 Kinder und Jugendliche. Freiwillige des Berliner Missionswerkes sind zur Unterstützung bei den Hausaufgaben oder beim Spielen auf dem Gelände tätig.
Literatur: https://www.berliner-missionswerk.de/projekte-spenden/afrika/tansania-huruma-heisst-barmherzigkeit
Sally Azar ist die erste ordinierte Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Azar entstammt einer Familie, die seit etwa 100 Jahren in der Tradition arabisch-lutherischen Lebens steht. Bereits ihr Großvater studierte Theologie in Deutschland, ebenso ihr Vater, Bischof der ELCJHL. Azar arbeitete zwei Jahre in Berlin als Vikarin, seit 2023 ist sie nun Pfarrerin in Jerusalem.
Literatur: https://www.deutschlandfunk.de/vor-der-ordination-der-ersten-arabisch-lutherischen-pastorin-in-palaestina-dlf-4318d7e6-100.html
Die Geschichte des heutigen Berliner Missionswerkes begann am 29. Februar 1824. Elf Männer, vor allem Juristen, aber auch Professoren und Offiziere gründeten am Holzmarkt 1 die „Gesellschaft zur Beförderung der Evangelischen Mission unter den Heiden“. Die Gesellschaft war keine Einrichtung der preußischen Kirche und zunächst als Hilfsverein für bestehende Missionsgesellschaften angelegt. Ihr Ziel war vor allem das Einwerben von Spenden für die Ausbildung von Missionaren. An die Aussendung eigener Missionar:innen wurde dabei noch nicht gedacht.
Quellen:
Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974.
Wright, Marcia: German missions in Tanganyika 1891 - 1941: Lutherans and Moravians in the Southern Highlands, Oxford 1971.
Bereits zehn Jahre nach der Gründung der BMG als Hilfsverein wurden vier Missionare nach Südafrika entsandt. Unterstützt von ihrem südafrikanischen Dolmetscher Richard Miles gründeten sie die erste Station Bethanien, südwestlich von Bloemfontein auf dem Gebiet der Koranna. Die lokale Bevölkerung zeigte zunächst wenig Interesse an den Missionaren und zog aus dem Gebiet der Station weg. Die Missionare gerieten auch mit den weißen Siedler:innen und untereinander in Konflikt. So war nach einigen Jahren keiner der ersten Missionare mehr in Bethanien tätig. Die Station konsolidierte sich mit Ankunft der „zweiten Generation“ von Missionar:innen in den späten 1840er Jahren.
Quellen:
Audio: Missions-Berichte der Gesellschaft zur Beförderung der Evangelischen Mission unter den Heiden zu Berlin für das Jahr 1833, S.35, 38, 39.
Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974.
Pakendorf, Gunther: A Brief History of the Berlin Mission Society in South Africa, in: History Compass 9, 2 (2011), S. 106–118.
Vor der Aussendung der Missionare Gustav Kraut, August Lange, Reinhold Gregorowsky, Johannes Schmidt und August Gebel nach Südafrika hielt der Prediger Couard folgende „Einsegnungsrede“:
„[Ihr sollt] ausziehen, das kleine Häuflein gläubiger Jesuszeugen in Südafrika zu verstärken und unter den in leiblichem und geistigem Elende schmachtenden Stämmen dieses Erdteils zu opfern das Evangelium Gottes, auf dass die Heiden daselbst ein Opfer werden, Gott angenehm und geheiligt durch den Heiligen Geist. ... Ich sende dich unter die Heiden – so lautet dieses Wort – aufzuthun ihre Augen, dass sie sich bekehren von der Finsternis zu dem Licht, und von der Gewalt des Satans zu Gott, zu empfangen Vergebung der Sünden und das Erbe sammt allen, die geheiligt werden durch den Glauben an mich.”
Die Berliner Missionsgesellschaft entsandte 1842 drei Missionare nach Gahzipur in Indien, um unter den Bewohner:innen von Uttar Pradesh zu arbeiten. Allerdings erschwerten hohe Lebenshaltungskosten vor Ort und der schlechte Gesundheitszustand der Missionare das Vorhaben. Schließlich wurde der Versuch, in Indien Fuß zu fassen, im Jahr 1848 aufgegeben, da die finanziellen Mittel zum Bau eigener Schulen, Waisen- oder Krankenhäuser fehlten. Zwei der Missionare setzten ihre Arbeit in Indien bei der britischen Church Missionary Society fort.
Quelle: Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974.
Für die wachsende Zahl der Missionsmitarbeiter:innen und Seminarist:innen wurde das Missionshaus in der Georgenkirchstraße gebaut, in dem das Berliner Missionswerk heute wieder zuhause ist. Das Missionshaus beherbergte die Verwaltung der Mission sowie die Missionare in Ausbildung, die sogenannten Zöglinge. Sie wurden nach strengen Kriterien ausgewählt, darunter solide Bildung, frommer Lebenswandel und gute Gesundheit. Sie mussten jung und ledig sein. Im Missionsseminar wurden sie auf ihre Aussendung vorbereitet. Sie erhielten in vier Jahren nicht nur eine theologische Ausbildung, sondern auch praktische Grundkenntnisse des Handwerks und der medizinischen Versorgung, da sie in den Missionsgebieten auf sich allein gestellt sein würden.
Quelle: Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974.
Beim Jahresfest 1876 legte Direktor Wallmann offen, dass die BMG ein großes Defizit angehäuft hatte. Die intensive Arbeit in den Missionsgebieten war zu Lasten der Pflege der Missionshilfsvereine in der Heimat gegangen. Diese bildeten aber die Basis der Missionsbewegung, trugen den Missionsgedanken in die Gemeinden und sammelten Spenden. Der Jahresbericht von 1876 zählte zwar 282 Hilfsvereine, aber die meisten waren inaktiv. Der Nachfolger, Direktor Wangemann, reorganisierte und dezentralisierte den Umgang mit den Hilfsvereinen. Missionar:innen auf Heimaturlaub und Konvertierte aus den Missionsgebieten traten bei Missionsfesten auf. Dadurch gingen mehr Spenden ein. 1889 war die BMG schuldenfrei.
Quelle: Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974.
Berliner Missionare begannen bereits in den 1860er Jahren als Wandermissionare in China zu arbeiten. Erst mit der Möglichkeit, Land zu erwerben, konnten ab 1882 Missionsstationen und Schulen gegründet werden. Ein Schwerpunkt der BMG war die Aufnahme ausgesetzter Mädchen in Waisenhäusern. Viele Chines:innen setzten das Christentum jedoch mit dem europäischen Imperialismus gleich, weshalb es immer wieder zu sogenannten „Missionszwischenfällen" (chin. „jiao’an“), gewalttätigen Übergriffen auf Missionar:innen und chinesische Konvertierte kam. Einer dieser „Zwischenfälle” bot dem Deutschen Reich 1898 den Vorwand, sich die Kolonie Kiautschou anzueignen.
Quellen:
Van der Heyden: Deutsche christliche Missionsgesellschaften in China – Eine Literaturübersicht, Berlin 2021.
Wu, Albert Moschan: From Christ to Confuzius, German Missionaries, Chinese Christians and the Globalization of Christianity, 1860-1950, New Haven 2016.
Klein, Thoralf: Aktion und Reaktion? Mission und die Chinesische Gesellschaft, in: Leutner, Mechthild; Mühlhahn, Klaus (Hg.) Kolonialkrieg in China, Die Niederschlagung der Boxerbewegung 1900-1901, Berlin 2007, S. 32-42.
Nachdem die BMG in China das Recht erhielt, Grund und Boden zu erwerben, begannen Missionar:innen umgehend mit dem Bau von Schulen. Schulen hatten in der chinesischen Gesellschaft eine besondere Bedeutung, weil Schriftlichkeit hohes Ansehen genoss. Doch nicht nur in China, sondern auch in Afrika war der Unterricht in Missionsschulen von zentraler Bedeutung. Er stellte für viele Menschen in den Missionsgebieten den ersten und oft einzigen Zugang zu europäischem Wissen dar. Der Schulunterricht wurde zu einer Hauptaufgabe von Missionar:innen. Oft waren es die Ehefrauen der Missionare, die den Schulunterricht leiteten. In Missionsschulen wurde weltliches, vor allem aber religiöses Wissen vermittelt. Diese Schulen waren für die Menschen in den Kolonialgebieten oft die einprägsamste Begegnung mit dem Christentum, die bis heute nachwirkt. Der District Commissioner von Songea in Tansania sagte 1921 über Missionsschulen: „In den Dörfern dieses Distrikts werden die Missionsschulen auch als Kirchen genutzt. Soweit es die Dörfer betrifft, sind die Begriffe „Schule“ und „Kirche“ synonym.”
Quellen:
Becher, Jürgen: Die deutsche evangelische Mission, Eine Erziehungs- und Disziplinierungsinstanz in Deutsch-Ostafrika, in: Wirz, Albert; Eckert, Andreas; Bromber, Katrin (Hg.), Alles unter Kontrolle, Disziplinierungsprozesse im Kolonialen Tansania (1850 – 1960), Köln 2003, S. 141-169.
Kim, Chun-Shik: Deutscher Kulturimperialismus in China, Deutsches Kolonialschulwesen in Kiautschou (China) 1898-1914, Stuttgart 2004.
Direktor Theodor Wangemann erließ 1882 eine neue Missionsordnung, die regelte, wie sich Missionar:innen und Konvertierte zu verhalten hatten. Das Regelwerk spiegelt eine missionarische Vorstellungswelt wider, die stark von Rassismus und religiöser Kontrolle geprägt ist. Die Missionsstation als Kern des christlichen Alltagslebens sollte als Schutzraum gegen „heidnische Greul“ dienen, als Vermittlungsort europäischer Arbeitsethik und als Raum sozialer Kontrolle. Bei Verstößen drohten den Konvertierten Strafen, die von Verwarnungen und Geldstrafen über Arbeitszwang bis zum Ausschluss aus der Gemeinde reichten. Die Missionsordnung blieb in Teilen bis 1957 in Kraft.
Quellen:
Missions-Ordnung der Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Mission unter den Heiden, Berlin 1882
Pakendorf, Gunther: Mission als Gewalt. Die Missionsordnung im 19. Jahrhundert, in: Ulrich van der Hayden, Jürgen Becher (Hg.) Mission und Gewalt, Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, S. 237-250.
Wangemann, Hermann Theodor: Motive und Erläuterungen zu der Missionsordnung der Berliner Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden, Berlin 1982.
Wright, Marcia: German missions in Tanganyika 1891 - 1941: Lutherans and Moravians in the Southern Highlands, Oxford 1971.
Die protestantischen Missionen in Deutschland setzten sich durchaus auch kritisch mit der Kolonialbewegung auseinander. Die „Kontinentale Missionskonferenz“ von 1885 in Bremen war eine direkte Reaktion auf die „Kongo-Konferenz“ in Berlin. Ihr Ziel war es, „die Stellung der Mission zur deutschen Kolonialbewegung möglichst zu klären“. Die meisten anwesenden Gesellschaften, einschließlich der BMG, betonten den internationalen und unabhängigen Charakter der missionarischen Bewegung: „Ziele der Kolonialpolitik und der Mission liegen vielfach so weit auseinander, daß es im Interesse beider ist, jede Verwechslung und Vermischung sorgfältig zu meiden“.
Quellen:
Holtwick, Bernd: Licht und Schatten. Begründungen und Zielsetzungen des protestantisch missionarischen Aufbruchs im frühen 19. Jahrhundert, in: Artur Bogner, et al. (Hg.) Weltmission und religiöse Organisationen. Protestantische Missionsgesellschaften im 19. und 20. Jahrhundert, Würzburg 2004, S. 225– 248.
Warneck, Gustav: Eine bedeutsame Missionskonferenz, in: Allgemeine Missionszeitschrift, 12 (1885), S. 545–563.
Die Missionar:innen der BMG waren in der deutschen Marinebasis Qingdao und der Guangdong-Provinz, die chinesisches Staatsgebiet war, tätig. Hier wirkten Persönlichkeiten wie Richard Wilhelm, Ernst Faber oder Emily Lehmann für die Berliner und die Deutsche Ostasien-Mission. Faber und Wilhelm leisteten wichtige Arbeit in der Vermittlung der deutschen und der chinesischen Kultur. Der Berliner Missionar Carl Voskamp und Ernst Faber (erst in der Rheinischen Mission, dann im Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsverein) wurden in China zu großen, auch von vielen Chines:innen anerkannten, Experten chinesischer Kultur und Religion. Entscheidend vorangebracht wurde die Mission aber durch chinesische Missionar:innen. Bereits 1885 gab es drei ordinierte Prediger, z.B. FU Set-am, in der Guangdong-Provinz.
Quelle: Berliner Missionsberichten von 1886, dort auf S. 221.
Die BMG begann ihre Missionstätigkeit in Ostafrika nach den deutschen Eroberungen im heutigen Tansania, in Burundi und Ruanda erst nach einigem Zögern. Personalmangel und finanzielle Sorgen einerseits, Sicherheitsbedenken wegen des gerade erst beendeten Kolonialkriegs gegen die Swahili unter Abushiri andererseits, ließen das Unternehmen wenig aussichtsreich erscheinen. Eine Spende von 5.000 Mark und die vehemente Fürsprache Alexander Merenskys, auch in seiner Eigenschaft als Mitglied der „Deutschen Gesellschaft für Kolonisation“ gaben den Ausschlag, die Arbeit dort zu beginnen. Die erste Station der BMG, genannt Wangemannshöh nach dem Direktor der BMG, wurde am Nyassa-See errichtet.
Quellen:
Wright, Marcia: German missions in Tanganyika 1891 - 1941: Lutherans and Moravians in the Southern Highlands, Oxford 1971
Eitner, Martha: Berliner Mission im Njaßa Lande, Deutsch-Ostafrika, Berlin 1897.
Merensky, Alexander: Deutsche Arbeit am Njassa, Deutsch-Ost-Afrika, Berlin 1894.
Merensky, Alexander: Der Nyassa-See als Gebiet für deutsche Missions-Tätigkeit, Berlin, 1890.
Becher, Jürgen: Die deutsche evangelische Mission, Eine Erziehungs- und Disziplinierungsinstanz in Deutsch-Ostafrika, in: Wirz, Albert; Eckert, Andreas; Bromber, Katrin (Hg.), Alles unter Kontrolle, Disziplinierungsprozesse im Kolonialen Tansania (1850 – 1960), Köln 2003, S. 141-169.
Warneck, Gustav: Mitteilung über die Gründung der deutsch-ostafrikanischen Missionsgesellschaft im Beitrag „Nachschrift“, in: Allgemeine Missionszeitschrift, 13 (1886), S. 228
Nzalayaimisi, Gabriel: The Berliners and violence in Eastern and Southern Tanzania, 1887-1919, in: Mission und Gewalt: der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, S. 469-480.
Nzalayaimisi, Gabriel: Gabriel: The Berlin Mission and the destabilization of power and local politics in Eastern and Southern Tanzania, 1887-1918, in: Mission und Macht : im Wandel politischer Orientierungen ; europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, Stuttgart 2005, S. 211-227
Der Bau ihrer Wohnhäuser und einer Kirche waren die ersten Aufgaben, denen sich die Missionar:innen widmeten. Die Kirchen waren dabei zunächst improvisierte Gebäude. Doch so schnell wie möglich wurden größere Kirchen aus Lehmziegeln gebaut, die in ihrer Architektur und in ihrer Größe deutschen Kirchen ähnelten. Missionar Karl Jauer aus Friedrichshain beschrieb in seinem Bericht, welcher Aufwand dafür nötig war: „Endlich konnte von dort, wo man die Ziegel geformt hatte, der Transport nach der Station beginnen, bei dem eine Zeitlang täglich 180 Frauen die Ziegel auf ihren Köpfen fortschafften. Auch das Beschaffen von Balken und Dachstuhl der Kirche machte gewaltige Arbeit, denn in der Nähe fanden sich Bäume, deren Stämme sich dazu verarbeiten ließen, fast nur in unzugänglichen Schluchten.”
Quelle: Berliner Missionsberichte 1904, S. 110
Das Missionarsehepaar Helene und Robert Franz gründete 1895 in Blouberg in Südafrika eine Krankenstation. Der Krankendienst war ein wichtiger Teil der Missionsarbeit, denn die Heilung von Kranken wurde als ein bedeutendes Zeichen gelebter christlicher Nächstenliebe angesehen. Mit der modernen europäischen Medizin wurde eine Konkurrenz zu indigenem Körperwissen aufgebaut. Die Fähigkeiten traditioneller Heiler:innen stellten in den Augen vieler Missionar:innen nur „heidnischen Aberglauben“ dar. Die Position traditioneller Heiler:innen wurde durch die Krankenstationen geschwächt. Die Missionar:innen wurden im Krankendienst für die lokale Bevölkerung unentbehrlich, weil die Missionshospitäler nun vielerorts den einzigen Zugang zu medizinischer Versorgung darstellten. Das nach ihrer Gründerin benannte Helene-Franz-Krankenhaus besteht bis heute.
Quelle: Thotse, Mahunele: „Das Helene-Franz-Krankenhaus und die Leprainstitution Bochum“, in: Mission: Reflexion. 200 Jahre Berliner Mission, hg. Von Martin Frank. Wichern Verlag 2024
Im Rahmen der Berliner Gewerbeausstellung fand im Treptower Park eine Kolonialausstellung statt, auf der auch die BMG vertreten war. In einem Ausstellungsraum präsentierten die deutschen Missionen ihre „Thätigkeiten und Erfolge“. Traurige Berühmtheit erlangte die Ausstellung durch die rassistische Zurschaustellung von 106 Menschen aus den deutschen Kolonien. Die BMG stand dieser Zurschaustellung eigentlich kritisch gegenüber. Man befürchtete, dass „diese Leute mit Verachtung und Bitterkeit gegen uns erfüllt werden“. Dies wurde jedoch in Kauf genommen, da man sich von der Ausstellung eine Erhöhung der Spendengelder versprach.
Quellen:
Dreesbach, Anne: Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung »exotischer Menschen« in Deutschland 1870–1940, Frankfurt am Main 2005.
Merensky, Alexander: Die Ausstellung der evangelischen Missionen, in: Gustav Meinecke (Hg.) Deutschland und seine Kolonien im Jahre 1896: Amtlicher Bericht über die erste Deutsche Kolonial-Ausstellung, Berlin 1897.
Van der Heyden, Ulrich: Auf Afrikas Spuren in Berlin, Die Mohrenstraße und andere koloniale Erblasten, Berlin 2008.
Die Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Mission unter den Heiden beschloss 1908, sich in Berliner Missionsgesellschaft umzubenennen. Der Grund dafür war relativ einfach: Einerseits war der bisherige Name doch etwas umständlich, andererseits hatte sich das Wesen der Gesellschaft grundlegend verändert. Sie war nicht mehr nur ein Unterstützungsverein, sondern sandte aktiv Missionar:innen aus. Die Umbenennung sollte auch Verwechslungen mit anderen Missionsgesellschaften verhindern, da die Gesellschaft in der Praxis meist nur Berliner Mission genannt wurde.
Literatur: Berliner Missionsberichte (1908), S. 5-6.
In Edinburgh kamen 1.215 Delegierte aus mehr als 170 Missionsgesellschaften zur ersten „Weltmissionskonferenz” zusammen. Eingeladen waren ausschließlich protestantische und anglikanische Vertreter:innen, die meisten von ihnen aus dem anglo-amerikanischen Raum. Lediglich 19 People of Colour waren vertreten. In acht Kommissionen wurde über die Zukunft der Mission beraten. Die BMG setzte sich für die Schaffung einer internationalen Missionskommission ein, die Missionsgesellschaften in Streitfällen gegen Kolonialregierungen vertreten sollte. Das begeistert ausgerufene gemeinsame Ziel der versammelten Missionsgesellschaften war die „Bekehrung der ganzen Welt noch in dieser Generation“. Die Weltmissionskonferenz war einer der Stränge, der zur ökumenischen Bewegung geführt hat.
Quellen:
Stanley, Brian: The World Missionary Conference, Edinburgh 1910, Cambridge 2009. Kerr, David; Ross, Kenneth (Hg.) Edinburgh 2010, Mission then and now, Oxford 2009.
Koschorke, Klaus: Die Weltmissionskonferenz Edinburgh 1910 und die Globalisierung des Christentums, in: Pastoraltheologie 100, 4 (2011), S. 215-226.
Während des Zweiten Weltkrieges konnten die Missionar:innen der BMG in japanisch besetzten Gebieten in China relativ ungestört arbeiten. Nach Kriegsende wurden vor allem jene Berliner Missionar:innen ausgewiesen, die in der Auslandsorganisation der NSDAP aktiv gewesen waren, da sie als Verbündete der Japaner galten. Mit der Machtübernahme Mao Zedongs 1949 wurden viele chinesische Christ:innen über die patriotische Drei-Selbst-Kirche in die Herrschaftsstrukturen der Kommunistischen Partei Chinas integriert. Der Ausbruch des Koreakrieges bot 1951 dann den Anlass, alle westlichen Missionar:innen des Landes zu verweisen.
Quellen:
Wu, Albert Monshan: From Christ to Confuzius, German Missionaries, Chinese Christians, and the Globalization of Christianity, Yale 2016.
Boetzinger, Vera: "Den Chinesen ein Chinese werden", Die deutsche protestantische Frauenmission in China 1842-1952 Stuttgart 2004.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche im Südlichen Afrika (ELCSA) geht auf die Missionstätigkeit deutscher, skandinavischer und amerikanischer Missionsgesellschaften zurück, insbesondere der BMG und der Hermannsburger Mission. Aus diesen Missionskirchen entstanden 1960 vier regionale selbstständige Kirchen, die sich 1975 zur ELCSA zusammenschlossen. Bei der Gründungsversammlung der Schwarzen lutherischen Kirchen kam es zu einem von Unbekannten verübten Bombenanschlag, bei dem 20 Menschen verletzt wurden. Die ELCSA hat heute 600.000 Mitglieder und ist eine Partnerkirche des Berliner Missionswerkes.
Quelle: mission. Informationen aus dem Berliner Missionswerk und seinen Partnerkirchen, 1/1976, S. 7-8.
Als Antwort auf den Ruf der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Neu-Delhi 1961 wurde die Mission integrativer Teil kirchlicher Arbeit. Im Gebiet der ehemaligen DDR setzte die Berliner Mission ihre ökumenisch-missionarische Arbeit im Auftrag des DDR-Kirchenbundes im alten Missionshaus fort. Das Ökumenisch-Missionarische Zentrum pflegte Kontakte mit den Kirchen in Tansania, Kuba, Nahost, Ostasien und den sozialistischen Ländern Osteuropas.
Quellen:
Huber, Wolfgang: Bischofsvisitation, Berlin 2008. https://www.ekbo.de/fileadmin/_ekbo.de/6_deine_Landeskirche/10_Bischof/Visitationsberichte/Wir_Bischof_Visitationsberichte_Visitationsbericht_Zeugnis_und_Dienst_in_der_weltweiten_OEkumene_2008.pdf
„Berliner Mission im geteilten Deutschland“: Gespräche mit Zeitzeugen / Johannes Althausen; Gerdi Nützel [Hrsg.]; Andreas Feldtkeller [Hrsg.]. - Berlin, 2004.
Die Abiturientin Erika Holthaus besuchte 1970 die Missionsstation Kratzenstein in Südafrika und entschied sich spontan, für ein Jahr dort mitzuarbeiten. So entstand im Berliner Missionswerk die Idee, regelmäßig Freiwillige zu entsenden. Inzwischen werden jährlich 25 bis 30 Freiwillige in die Partnerkirchen entsandt. Seit 2016 ergänzen Inwärts-Freiwillige das Programm, die aus den Partnerkirchen für ein Jahr nach Deutschland kommen. Das Freiwilligenprogramm ist mehr als nur ein Auslandsaufenthalt. Die Teilnehmer:innen werden dazu ermutigt, durch interkulturelle Begegnungen die weltweite Ökumene und den Alltag in einem anderen Land kennenzulernen. Diese Erfahrungen öffnen nicht nur die Augen für globale, auch wirtschaftliche Zusammenhänge, sondern regen auch zur Selbstreflexion an.
Quellen:
Audio: BMW Zeitschrift A4 (berliner-missionswerk.de), S. 56-57.
Infobroschüre Freiwilligendienst: https://www.gossner-mission.de/fileadmin/user_upload/Infobroschuere_Oekumenisches_Freiwilligenprogramm_klein.pdf
Weltblick, Magazin der Berliner Mission, 2 (2020). https://www.berliner-missionswerk.de/fileadmin/bmw/pdf/zeitschrift-weltblick/WeltBlick_2-20_50_Jahre_in_alle_Welt.pdf
Beth Musyimi, Inwärts-Freiwillige aus Nairobi, sagte über ihren Aufenthalt 2023 in Deutschland: Audio:
„Kurz gesagt, um alles zusammenzufassen: Es hat mein Leben verändert. Ich kann Erfahrungen, tiefe und bedeutungsvolle Beziehungen, die besten Erinnerungen und ein neues Ich mit nach Hause nehmen. Es hat meine Sicht auf die Welt im Allgemeinen verändert, ich habe das Beste aus beiden Welten erlebt. Ich habe erfahren, wie es ist, zu helfen und sich helfen zu lassen, ich habe gelernt, wie es sich anfühlt, nie dazuzugehören, aber irgendwie zu lernen, damit zu leben. Ich lernte, völlig fremde Menschen zu lieben und sie als Familie zu betrachten, und ich musste mich aus meiner Komfortzone herauswagen, nur um ein Jahr lang zu überleben.”
Die „Entwicklung der Apartheidsgesetze und der Ausbau […] des Sicherheitsdienstes“ führten zu einem Umdenken der Missionar:innen der BMG in Bezug auf die Politik der Apartheid. Die BMG schloss sich der Resolution von Upumulo an, in der die lutherische Pastoralkonferenz 1967 die Apartheid scharf verurteilte. In der Folge wurden drei Berliner Missionsangehörige aus Südafrika abgeschoben. Pfarrer Markus Braun betonte in den Berliner Missionsberichten, dass „verbale Bekenntnisse der Kirche gegen die Apartheid nicht mehr genügen.“ Die südafrikanische Regierung ging auch danach gegen kritische Stimmen vor. Missionar Christian Fobbe durfte nach einem Deutschlandaufenthalt nicht mehr einreisen, nachdem ihm ein Regierungsmitglied bescheinigt hatte, dass „seine Art zu leben politisch” war. Der Berliner Pfarrer Gottfried Kraatz wurde 1985 verhaftet und ausgewiesen.
Quellen:
Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974.
Braun, Markus: Kirchliche Aufgaben in den Stadtgebieten Südafrikas, in: Der Ruf, 1 (1972), S. 99-109.
In West-Berlin wurde auf Beschluss der Regionalsynode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg 1974/75 das Berliner Missionswerk gegründet. Die Berliner Missionsgesellschaft ging im Berliner Missionswerk auf. Weitere Gründungsmitglieder waren der 1851 gegründete Jerusalemsverein, die Deutsche Ostasienmission (gegründet 1882) und die Evangelische Kirche der Union. Das Berliner Missionswerk führte im vormaligen Haus der Gossner Mission in Berlin-Friedenau den Kontakt mit den Partnerkirchen weiter. Schwerpunkte waren insbesondere Südafrika, Tansania, der Nahe Osten und Ostasien.
Theodor Fliedner, Gründer des Diakoniewerks in Kaiserswerth, die Diakonissen Adelheid Bleibtreu, Pauline Keller und die Krankenpflegerinnen Katharine Evers und Henriette Zenke eröffneten 1851 ein Kinderheim für arabische Mädchen in Jerusalem. Daraus entwickelte sich eine Schule für Mädchen und Jungen, die seit 1868 den Namen Talitha Kumi (dt. „Mädchen, steh auf!”) trägt. 1961 bezog sie das Schulhaus bei Beit Jala im Westjordanland, in dem sie noch heute beheimatet ist. 1974 übernahm das Berliner Missionswerk die Trägerschaft der Schule. Heute ist Talitha Kumi eine koedukative Schule und setzt sich intensiv für die Versöhnungsarbeit zwischen Israelis und Palästinenser:innen ein.
Quelle: Almut Nothnagele, Hans-Jürgen Abromeit, Frank Foerster (Hg.) Seht, wir gehen nach Jerusalem! Festschrift zum 150jährigen Jubiläum von Talitha Kumi und des Jerusalemsvereins, Leipzig 2001.
Die Wurzeln der ELCT liegen in der Missionstätigkeit deutscher, schwedischer und amerikanischer Missionsgesellschaften während der kolonialen Besetzung im 19. Jahrhundert. Auch die BMG war ab 1891 im heutigen Tansania tätig. Während der britischen Mandatszeit schlossen sich 1938 sieben lutherische Kirchen zur Federation of Lutheran Churches in Tanganyika zusammen. Kurz nach der Unabhängigkeit Tansanias fusionierten diese zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania. Seit 1975 ist die ELTC eine Partnerkirche des Berliner Missionswerkes. Heute hat sie rund acht Mio. Mitglieder.
1976 nahm Elisabeth Stärke ihren Dienst im neu geschaffenen Arbeitsbereich „katechetische Arbeit mit Kindern“ des ÖMZ auf. Gemeinsam mit dem Gemeindedienst und Landes- und Propsteibeauftragten für die katechetische Arbeit mit Kindern entwickelte sie ökumenisch-missionarische Jahresthemen, in denen Kinder aus Partnerländern in den Mittelpunkt gestellt wurden. Die Unterrichtsmaterialien und der seit 1977 jährlich stattfindende Tag der Begegnung machten das ÖMZ landesweit bekannt. Zum Tag der Begegnung kamen regelmäßig über 1.800 Kinder und Erwachsene auf dem Gelände des ÖMZ zusammen. Dabei waren immer auch ökumenische Gäste anwesend.
Quellen:
Günter Waßermann: Der Gemeindedienst von 1972 bis 1982 im ÖMA und im ÖMZ, in: Berliner Mission im geteilten Deutschland. Gespräche mit Zeitzeugen. Hg. v. Johannes Althausen, Gerdi Nützel und Andreas Feldtkeller, Berlin 2004, S. 59-76.
“Berliner Mission im geteilten Deutschland. Gespräche mit Zeitzeugen“. Hg. Von Johannes Althausen; Gerdi Nützel [Hrsg.]; Andreas Feldtkeller [Hrsg.]. - Berlin, 2004.
Olm-Morgenstern, Friedgard Christiane: „Gottes Volk in der DDR“, in: Mission: Reflexion. 200 Jahre Berliner Mission, hg. Von Martin Frank. Wichern Verlag 2024.
Die Iglesia Presbiteriana-Reformada en Cuba (IPRC) hat ihren Ursprung in der Missionsarbeit amerikanischer Missionsgesellschaften, die ab 1890 in Kuba tätig waren. Nach der Revolution 1959 wurde die Zusammenarbeit mit den Kirchen in den USA erschwert. Viele Christ:innen verließen das Land. Die IPRC wurde selbstständig. Nach einer Zeit des staatlichen Atheismus haben Kirchen seit Ende der 80er Jahre wieder mehr Handlungsspielraum. Die Frage nach Haltung und Engagement der „Kirche im Sozialismus" war ein wichtiger Bezugspunkt in den Begegnungen mit Christ:innen in der DDR. Seit 1999 ist die IPRC eine Partnerkirche des Berliner Missionswerkes.
In der Township Philippi im südafrikanischen Kapstadt besteht seit 2003 das ökumenische Bildungszentrum iThemba Labantu. Unter der Leitung von Pfarrer Otto Kohlstock, ökumenischer Mitarbeiter des Berliner Missionswerkes, bieten 50 Mitarbeiter:innen verschiedene Bildungsangebote an. Diese reichen von Kinderbetreuung über Musikunterricht, Tanz- und Theaterangebote bis hin zu Computer- und Kfz-Kursen. Im Jahr 2016 eröffnete iThemba Labantu eine Grundschule. iThemba Labantu bietet einen geschützten Raum für Kinder mit Gewalterfahrung, veranstaltet Aufklärungsprogramme für Jungen und Mädchen und bietet Elterntrainings sowie soziale Beratungen an.
In der neu gegründeten Abteilung Ökumene wurden die Arbeitsgebiete Ökumene, Internationale Gemeinden, Migration/Integration und Interreligiöser Dialog gebündelt. Das Ökumenische Zentrum – Berliner Missionswerk versteht sich seitdem als Kompetenzzentrum für die ökumenische, interkulturelle und interreligiöse Arbeit seiner Trägerkirchen. Das Referat Migration/Integration berät die Kirche zu flüchtlingspolitischen Themen und zum Kirchenasyl. Es entwickelt Projekte für und mit Geflüchteten. Mit seiner Unterstützung entstanden die Härtefallkommission, der Flüchtlingsrat Berlin und das Forum Abschiebebeobachtung. Seit 2016 gibt es eine Landespfarrstelle für den Arbeitsbereich sowie die „mobile Beratung Migration“ Das Referat Interreligiöser Dialog pflegt die Beziehungen zu interreligiösen Partner:innen im Bereich des Ökumenischen Zentrums. Es steht in engem Kontakt zu politischen und gesellschaftlichen Gruppen. Es entwickelt und organisiert Dialogprojekte und beteiligt sich am interreligiösen und religionspolitischen Diskurs.
Quelle: Abt. Ökumene des Berliner Missionswerks: Dagmar Apel, Dorothea Gauland, Barbara Hustedt
Johannes Goßner, der Gründer der Gossner Mission, war ursprünglich Mitglied des Kuratoriums der BMG, bevor er wegen theologischer Differenzen eigene Wege ging. Goßner entsandte 141 Missionare v. a. Handwerker. Daraus erwuchs die indische Gossner Ev.-luth. Kirche in Chotanagpur und Assam, Partnerkirche der EKBO. Heute ist die Gossner Mission neben Indien in Sambia, Nepal, Uganda und Deutschland aktiv. Seit 2010 hat sie ihren Sitz im Berliner Missionshaus. Seit 2020 wurde die Gossner Mission außerdem Trägerin des Ökumenischen Zentrums und hat Sitz und Stimme im Missionsrat.
Quelle: Gossner Mission: Geschichte der Gossner Mission (gossner-mission.de)
Unter dem an Martin Luther angelehnten Wort „Hier stehe ich“ kamen Frauen der Landeskirche und Teilnehmerinnen der Partnerkirchen zu einer Konsultation in Berlin zusammen. Die Frauen aus Indien, Äthiopien, Südafrika, Swasiland, Botswana, Tansania, Palästina, Ägypten, Polen, Tschechien, Schweden, England, Taiwan, Japan, Südkorea, Kuba und den USA diskutierten Themen wie die Situation von Frauen in den Kirchen, Armut, Gewalt und Migration. Dadurch wurde ein internationaler Dialog unter Frauen protestantischer Kirchen angestoßen, „die Diskussionen weiterzuführen, Meinungen zu bilden und zu hinterfragen und so auch über unterschiedliche Ansichten hinweg miteinander im Gespräch zu bleiben.“
Literatur: Berliner Missionswerk (Hg.): Hier Stehe ich!, Frauen, Reformation und die Eine Welt, Frauenkonsultationen des Berliner Missionswerkes 2016, Berlin 2016. https://www.berliner-missionswerk.de/fileadmin/documents/Publikationen/BMW_Doku_Frauen-Konsultation_low.pdf
Im Juni 2024 fanden die Christlichen Begegnungstage (CBT24) unter dem Motto „Nichts kann uns trennen“ in Frankfurt (Oder) und Słubice statt. Die Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz war dieses Mal gemeinsam mit der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen gastgebende Kirche und hatte das Berliner Missionswerk mit der Gestaltung dieses Kirchentages beauftragt. Zum Programm gehörten: Familien- und Jugendprogramm, Podiumsdiskussionen zu spirituellen und gesellschaftspolitischen Themen, Bibelfrühstücke, gemeinsame Gottesdienste, ökumenische Andachten, Konzerte und vieles mehr. Es kamen rund 4.000 Teilnehmer:innen aus Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien, der Slowakei, aus der Ukraine, Deutschland und Österreich.
Literatur: https://christlichebegegnungstage.de/
Die Christlichen Begegnungstage sollten auch als eine politische Positionierung junger Christ:innen für eine gerechte und friedliche Welt verstanden werden:
„Als christliche Kirchen beziehen wir Stellung in einer Welt, die durch viele Krisen herausgefordert ist. Wir setzen uns ein für Solidarität und Zusammenhalt, gegen Spaltungen, Machtansprüche, Populismus und Krieg. Als eine gewachsene Gemeinschaft stehen wir mutig zusammen. Dabei trägt uns die Liebe Gottes, die uns in Jesus Christus geschenkt ist. Die deutsch-polnische Freundschaft spiegelt sich in der gemeinsamen Einladung der EKBO und der Diözese Wrocław der lutherischen Kirche in Polen sowie der Einbeziehung der regionalen Ökumene.”
Die Weltkarte weist auf das Netzwerk des Berliner Missionswerkes mit den heutigen Partnerkirchen hin. Sie haben naturgemäß vielfältige Schwerpunkte und eigene Sichtweisen auf das Thema Mission heute.
Klicken Sie auf die Punkte bei den Orten der Partnerkirchen, um mehr über sie zu erfahren.
Wenn Sie mehr Informationen zu den einzelnen Kirchen haben wollen, klicken Sie auf einen der folgenden Buttons:
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1959 bzw. 1977
Die ELCJHL wurzelt in der deutschen Palästinamission und wurde 1979 mit der Wahl des ersten arabisch- lutherischen Bischofs unabhängig. Sie engagiert sich im Bildungsbereich, für die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie im Versöhnungsprozess zwischen Israel und Palästina. Die sechs Gemeinden liegen im Westjordanland, im jordanischen Amman und in Ostjerusalem. Auf dem Gebiet der ELCJHL unterhält das Berliner Missionswerk die Deutsche Auslandsschule Talitha Kumi in Beit Jala.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1982
Die Koptische Evangelische Kirche von Ägypten, 1854 von amerikanischen presbyterianischen Missionaren gegründet, wurde 1926 selbstständig. Sie ist die älteste und heute mit 314 Gemeinden größte protestantische Kirche in Ägypten. Ein Schwerpunkt der Nilsynode liegt in der Bildungsarbeit. Sie ist Trägerin von Krankenhäusern, Gesundheitsstationen und 22 Schulen, unter ihnen eine Schule für Menschen mit Behinderung.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1975
Im Süden Afrikas begann die Berliner Missionsgesellschaft ihre Arbeit; 1834 gingen dort ihre ersten Missionare an Land. Aus ihrer Missionstätigkeit – und dem Wirken von Missionar:innen aus Hermannsburg, Skandinavien und Nordamerika – entstanden ab 1 960 vier regionale, selbstständige Schwarze Kirchen, die sich 1975 zur ELCSA zusammenschlossen. Sie hat etwa 600.000 Mitglieder in sieben Diözesen – eine davon in Eswatini (früher Swasiland) und eine in Botswana. Nach dem Ende der Apartheid widmete sich die Kirche neuen gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Kampf gegen die Aids-Epidemie und dem Elend in den informellen Siedlungen. Im kirchlichen Bildungszentrum iThemba Labantu in Philippi, einer Township von Kapstadt, wirkt ein ökumenischer Mitarbeiter des Berliner Missionswerkes, Pfarrer Otto Kohlstock.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1975
Äthiopien ist seit biblischen Zeiten ein christliches Land. Die Anfänge der EECMY liegen in der Missionstätigkeit lutherischer und reformierter Missionsgesellschaften aus Skandinavien, Nordamerika und Deutschland zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Mit über elf Millionen Mitgliedern ist die EECMY die größte lutherische Kirche weltweit. Heute sendet sie selbst Missionar:innen in anliegende Länder aus, leitet Universitäten, Schulen und Hospitäler. Zugleich betreibt sie Entwicklungs- und Aufklärungsarbeit in vielen Teilen des Landes in den Bereichen Wasser, Ernährungssicherheit und sexuelle Selbstbestimmung. Sie setzt sich gegen die Praxis der Genitalverstümmelung ein.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1975
Die ELCT ist heute mit über 7,9 Millionen Mitgliedern eine der größten lutherischen Kirchen Afrikas. Sie ist aus der Mission schwedischer, amerikanischer und deutscher Missionsgesellschaften hervorgegangen, darunter im Süden des Landes seit 1891 auch durch Berliner Missionar:innen. Die mittlerweile selbstständigen Missionskirchen fusionierten 1963 zur ELCT. Die Kirche trägt das Gesundheits- und Bildungswesen Tansanias in entscheidendem Maße mit. Über das ganze Land verteilt unterhält die ELCT Krankenhäuser, Erste-Hilfe-Stationen, Kinderheime sowie zahlreiche Schulen, darunter auch Blinden- und Gehörlosenschulen. Viele dieser Einrichtungen gehen auf die Gründung durch Berliner Missionar:innen zurück – so auch das Krankenhaus Matema am Nyassa-See, wo sich das Berliner Missionswerk bis heute engagiert.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1999
Die IPRC wurde um 1900 von amerikanischen Presbyterianern gegründet und blieb lange Teil der Mutterkirche in den USA. Nach der Revolution 1959 wurde die Kirche 1967 selbstständig. Diesem Schritt ging eine massive Abwanderung von Geistlichen und Gemeindegliedern in die USA voraus. Die Kirche musste sich neu erfinden und entwickelte sich zu einer der weltweiten Vordenkerinnen einer „Kirche im Sozialismus“. Nach 1990 wurde sie sowohl theologisch vielfältiger als auch gesellschaftlich diverser. Sie wandelte sich von einer Kirche der weißen, privilegierten Schichten zu einer zwar kleinen, aber inklusiven Kirche, deren sozialdiakonisches Engagement weit über ihre formale Mitgliedschaft hinausreicht. Die IPRC hat heute etwa 5.000 Gemeindeglieder, erreicht aber mit ihrer sozialen Arbeit ein Vielfaches an Menschen.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1997
Mit Gründung der Zweiten Polnischen Republik wurde 1919 die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen gebildet, deren Wurzeln bis in die Reformationszeit zurückreichen. Nach dem Überfall der Wehrmacht wurde die EAKIP Ende 1939 in Polen aufgelöst; in Konzentrationslagern und Gefängnissen kamen etwa 30 Prozent ihrer Geistlichen ums Leben. 1945 neu gegründet, ist die EAKIP heute die größte evangelische Kirche Polens mit 130 Kirchengemeinden. Das Jahr 2022 war für die Kirche von einschneidender Bedeutung. Am 7. Mai wurden die ersten acht Diakoninnen zu Pfarrerinnen ordiniert.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 2017
Die Geschichte der „Kirche der Siebenbürger Sachsen“ reicht mehr als 850 Jahre zurück, als Siedler:innen aus der Rhein- und Moselgegend ins heutige Rumänien kamen. Lange Zeit unterstanden alle deutschsprachigen evangelischen Gemeinden im Land der preußischen Kirche. Erst in den 1 920er Jahren hat sich diese lutherische Diaspora in den Verband der Evangelischen Kirchen Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien (EKR) integriert. Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ wanderten zwei Drittel der evangelischen Gemeindeglieder nach Deutschland aus. Heute ist die EKR eine konfessionelle und sprachliche Minderheitskirche mit etwa 11.000 Mitgliedern. Verkündigungssprache ist deutsch.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 2014
1765 kam die erste größere Zahl Siedler:innen aus den deutschen Landen ins Wolgagebiet. Das 20. Jahrhundert war von Einschränkungen und Deportationen der sogenannten Russlanddeutschen geprägt. Erst mit der Wende in den 1 980er und 90er Jahren konnte der Glaube wieder öffentlich gelebt werden. Die Gemeinden der ELKER erstrecken sich auf etwa tausend Kilometern entlang des Ufers der mittleren und unteren Wolga. Große Entfernungen sind eine ihrer großen Herausforde- rungen. In den zahlenmäßig kleinen Gemeinden – viele Mitglieder der ELKER sind nach Deutschland umgesiedelt – schließt der Gemeindeaufbau diakonische Initiativen ein, um in die Gesellschaft auszustrahlen.
Der Name „Böhmische Brüder“ verweist auf die Verwurzelung in der tschechischen Reformation – und damit auf das Erbe von Jan Hus. Die EKBB ist heute mit rund 72.000 Gläubigen die größte protestantische Kirche in der Tschechischen Republik; im säkularen Umfeld bedeutet dies jedoch, dass sich weniger als ein Prozent der Bevölkerung mit ihr identifiziert. Die EKBB hat stets die Bedeutung von Bildung betont. Zudem ist die Diakonie ein wichtiger Anbieter sozialer Dienste im Land.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1980/81 mit drei Kirchenkreisen
Die Vereinigte Kirche Christi, USA (UCC), hat rund 800.000 Mitglieder in 4.852 Gemeinden. Sie beschreibt sich selbst als „christlich, kongregationalistisch, reformiert und evangelisch“. In den USA spielen die UCC und andere liberale Kirchen (sogenannte Mainline Churches) als Stimmen in der Gesellschaft eine wichtige Rolle und positionieren sich deutlich für gleiche Rechte für alle US-Amerikaner:innen.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1998
Die Kirche von England ist die Mutter- kirche der Anglikanischen Gemeinschaft und mit etwa 25 Millionen Gläubigen die mitgliederstärkste aller anglikani- schen Kirchen weltweit. Innerhalb dieser Gemeinschaft ist sie die letzte Staats- kirche und untersteht nach wie vor dem britischen König. Die Partnerschaft besteht zwischen dem Sprengel Berlin und der Diözese London. Mit der Diözese Chichester gibt es im Rahmen der Coburg-Konferenz eine multilaterale Verbindung der EKBO, zu der auch die katholische Erzdiözese Bamberg und der Ev.-luth. Kirchenkreis Bayreuth gehören.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 2008
Die Schwedische Kirche war bis zum Jahr 2000 Staatskirche. Heute gehören ihr noch rund 70 Prozent der schwedi- schen Bevölkerung an. Partner-Diözese ist Göteborg. Weil sich in der Diözese viele der Herausforderungen bündeln, vor denen Schwedens Gesellschaft als Ganzes steht, hat Göteborg eine wichtige Stimme innerhalb der Kirche von Schweden. Ein Schwerpunkt besteht darin, zu einer nachhaltigen Gesell- schaft beizutragen, in der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1978
Gegründet wurde die PCT 1865 von schottischen und kanadischen Missionar:innen. Heute hat sie rund 257.000 Mitglieder in über 1.200 Gemeinden. In den Jahren der Militärdiktatur nach dem Zweiten Weltkrieg trat die PCT unerschrocken für die Belange der Bevölkerung ein. Weitere Schwerpunkte des Engagements sind die missionarisch- sozialdiakonische Arbeit, das christliche Zeugnis in der modernen Arbeitswelt und das Selbstbestim- mungsrecht der Völker.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1976
Die Vereinigte Kirche Christi in Japan (Kyodan) ist heute die größte protestantische Kirche in Japan mit rund 1 96.000 Mitgliedern in 1.725 Gemeinden. Das protestantische Christentum kam ab 1858 durch US- amerikanische Missionar:innen nach Japan. 1872 entstand in Yokohama die erste protestantische Kirche Japans. Auf ihrer Synode 1890 formulierte sie ihr eigenes Glaubensbekenntnis. Im Verständnis der heutigen Vereinigten Kirche Christi in Japan war diese Kirchengründung überkonfessionell.
Vertraglich vereinbarte Partnerschaft seit 1977
Die PROK entstand 1953 als Abspaltung von der 1907 gegründeten Presbyterianischen Kirche von Korea. Sie setzte sich während der Militärdiktatur in den 1970er und 80er Jahren für Menschenrechte und Demokratisierung ein. Bis heute engagiert sich die Kirche für Dialog, Vielfalt und Versöhnung, für arme und ausgegrenzte Menschen.
Stellvertretend für das Gedächtnis des Berliner Missionswerkes, das in unserem Archiv am Bethaniendamm 29 lagert, stehen die fünf Vitrinen in der Mitte des Raums. Wir zeigen nur wenige Objekte, da die Provenienz vieler Gegenstände im Archiv ungeklärt ist. Diese sind unseren Blicken zunächst verborgen. Unterschiedliche Perspektiven können dann wie „Fenster“ geöffnet werden. Kommentiert von Forscher:innen, Archivar:innen oder Zeitzeug:innen ermöglichen sie verschiedene Blickwinkel.
In den Beständen des Archivs befinden sich 943 Gegenstände, die von Missionar:innen aus Asien und Afrika nach Berlin gebracht wurden. Es handelt sich vor allem um Objekte der Alltagskultur wie die hier ausgestellten Holzlöffel. Gesammelt wurden aber auch Gegenstände des politischen Lebens und der Landwirtschaft, Militaria ebenso wie Spielzeug, Pläne und (Land-)Karten. Klare Hinweise auf die Herkunft der Objekte wurden dabei selten vermerkt, was die Recherchen zur Provenienz erschwert. Viele Fragen sind bisher unbeantwortet: Wo und von wem wurden die Gegenstände hergestellt? Wem haben die Objekte gehört? Waren es Geschenke oder wurden sie gekauft, getauscht oder geraubt? Was ist ihre Bedeutung? Wie kamen sie nach Berlin?
In der Bibliothek des Berliner Missionswerkes finden sich zahlreiche übersetzte Bibeln, Gesangbücher und Gemeindeordnungen aus den Missionsgebieten. Das Erlernen von Sprachen und die Übersetzungen christlicher Texte gehörten von Anfang an zu den Tätigkeiten der Missionar:innen. Die Sprachkenntnisse waren die Voraussetzung, um auf die Menschen zuzugehen und den christlichen Glauben verkünden zu können. Aber auch Kolonialbeamte und Militärs schätzten die Sprachkenntnisse der Missionar:innen und zogen sie oft in der Kommunikation mit der lokalen Bevölkerung als Dolmetscher:innen hinzu.
Die Trommel (Ngoma auf Swahili) ist ein Objekt, an dem sich exemplarisch zeigt, wie Stereotype und Verurteilungen der Missionar:innen die interkulturellen Begegnungen im Missionsgebiet prägten. Das Musikinstrument wurde dazu missbraucht, den Gegensatz zwischen dem „Licht des Evangeliums“ und der vermeintlichen „Finsternis“ der zu Missionierenden zu konstruieren. Die Trommel gehört bis heute für viele Gemeinschaften zum Lauf des Lebens dazu, indem sie Menschen bei religiösen, pädagogischen oder festlichen Veranstaltungen begleitet und auch für die Übermittlung von Botschaften eingesetzt wird. Für die Mission dagegen verkörperte sie das „absolut Fremde, das Teuflische“, den Gegensatz zum christlichen Lied, kurz: das sogenannte „Heidentum“.
Abbildungen nahmen schon früh eine zentrale Rolle in der Arbeit der Missionsgesellschaft ein. Neben den illustrierenden Zeichnungen wurden im 19. Jahrhundert auch immer mehr Fotografien aufgenommen, die die Arbeit der Missionar:innen abbilden sollten. Wichtig waren sie vor allem für das Einwerben von Spenden. Sie wurden in Missionszeitschriften abgedruckt und auf Veranstaltungen präsentiert. Die Fotografien waren aber auch ein Teil des Unterrichts der Missionar:innen und dienten als Anschauungsmaterial. In beiden Fällen prägten die inszenierten Fotografien und Zeichnungen Anschauungen über die Gesellschaft, die sie abbildeten. Sie halfen damit auch, koloniales Wissen zu generieren und zu verfestigen.
In den Beständen des Berliner Missionswerkes befinden sich heute unterschiedliche Arten von Karten: Landkarten der Missionsgebiete, Reisepläne und vor allem Pläne der unterschiedlichen Missionsstationen im Großen und im Kleinen. Diese unterschiedlichen Karten dienten einerseits der Orientierung, andererseits aber auch der Illustration und der Abgrenzung unterschiedlicher Missionsgebiete.
Unser Selbstverständnis als Berliner Missionswerk – Ökumenisches Zentrum und damit unser Verständnis von Mission haben sich seit der Gründung vor 200 Jahren grundlegend verändert.
Wir erschrecken über das rassistische Überlegenheitsgefühl unserer Vorväter und –mütter. Wortwahl und Selbstverständnis vieler Missionar:innen sind uns heute fremd. Wir erkennen neben dem Anspruch, den eigenen Glauben weiterzugeben und Menschen zu unterstützen, auch die vielfältigen Verflechtungen christlicher Mission mit den kolonialen Mächten ihrer Zeit.
Die Weltbilder früherer Missionar:innen prägen unsere Wahrnehmung zum Teil bis heute. Daher ist es uns ein Anliegen, sichtbar zu machen, wie wir davon beeinflusst sind. Diese Ausstellung ist ein Schritt, die Geschichte der Berliner Mission aufzuarbeiten.
Mit den aus unserer und der Mission anderer Missionswerke erwachsenen, jetzt unabhängigen Kirchen bleiben wir partnerschaftlich und geschwisterlich eng verbunden. Von ihnen hören wir, wie sie Mission häufig als befreiend erfahren haben. In den letzten Jahren sind zudem neue Verbindungen aus dem interreligiösen und ökumenischen Dialog erwachsen. Die Impulse unserer internationalen und interreligiösen Partner verändern unser Christsein und prägen unsere Arbeit.
Unsere Mission ist es heute, in diesem Netzwerk in gegenseitigem Respekt gemeinsam daran zu arbeiten, das Evangelium unter Achtung des Selbstbestimmungsrechts aller Menschen zu kommunizieren und die Welt gerechter, friedlicher und nachhaltiger zu gestalten.