Dialogbegegnung mit orthodoxen Kirchen in Berlin

Dialogbegegnung mit orientalisch-orthodoxen Kirchen in Berlin
Gruppenfoto mit Seiner Heiligkeit Baselios Marthoma Mathews III, © Henrik Weinhold

Die Bedeutung der Diaspora für die Kirchen

EKD, EKBO und Berliner Missionswerk haben Ende März Vertreter orientalisch-orthodoxer Kirchen in Berlin getroffen. Es gab einen Austausch über die Chancen und Herausforderungen der Kirchen in der deutschen Gesellschaft und die Rolle der kirchlichen Diaspora als Brückenbauer.

Wie prägt das Leben in der Diaspora die Kirchen – und welchen Beitrag leisten sie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Diese Fragen standen im Mittelpunkt eines hochrangigen Treffens zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und dem Berliner Missionswerk mit dem Oberhaupt der Malankara Orthodox-Syrischen Kirche Indiens und führenden Repräsentanten der koptisch-orthodoxen, der syrisch-orthodoxen, der äthiopisch-orthodoxen und der armenisch-apostolischen Kirche.

Das Oberhaupt der Malankara Orthodox-Syrischen Kirche Indiens, Seine Heiligkeit Baselios Marthoma Mathews III betonte den Wert der kulturellen Erfahrungen, die die Kirchenmitglieder in der Diaspora machen. Es gebe einen lebendigen Austausch mit der Mutterkirche über Themen wie Inklusivität, Diversität, Menschenrechte und demokratische Partizipation. Auch die ökumenischen Beziehungen der Diaspora bereicherten die Malankara-Kirche in Indien.

„Christliche Gemeinden in der Diaspora sind nicht nur Bewahrer alter Traditionen, sondern auch Brückenbauer“, betonte Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD. „Wir haben es ganz persönlich in den bewegenden Begegnungen untereinander erlebt: Sie bringen vielfältige Perspektiven sehr bereichernd in unsere Gesellschaft ein – so besonders im interkulturellen Dialog oder im Engagement für soziale Gerechtigkeit.“

Viele dieser Kirchen investieren große Anstrengungen in die Unterstützung von Integrationsprojekten, darunter Sprachkurse, soziale Beratung oder Hilfen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen. Dabei arbeiten sie unter anderem mit evangelischen Einrichtungen und Diakonie-Organisationen zusammen.

Der Direktor des Berliner Missionswerkes, Dr. Christof Theilemann, wies auf das starke Wachstum der orthodoxen Kirchen in Deutschland hin. Sie seien inzwischen die drittgrößte Kirchengruppe in Deutschland. Sie leisteten eine große Integrationsarbeit und seien eine wichtige Anlaufstelle für Flüchtlinge. Von den deutschen Kirchen wünscht sich Theilemann eine weitere Öffnung gegenüber den Orthodoxen und praktische Hilfe, etwa bei der Überlassung ungenutzter Kirchen. Besonders wichtig für eine gute Zusammenarbeit sei die Kinder- und Jugendarbeit mit der Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten.

Anba Damian, Diözesanbischof der Koptisch-Orthodoxen Kirche für Norddeutschland, berichtete, wie seine Kirche in Berlin-Lichtenberg ein stark baufälliges Kirchengebäude saniert hat und nun als Gotteshaus für 800 Gläubige nutzt. Er hofft, dass die Kopten in Zukunft weitere ungenutzte Kirchen übernehmen können. In der Nähe von Höxter haben die Kopten ein Nonnenkloster gegründet, da das klösterliche Leben für sie eine große Rolle spielt. Für neu angekommene Flüchtlinge bietet die Kirche unter anderem Übersetzungshilfe an. Damian betonte, dass die Evangelische Kirche in Deutschland die Kopten sehr unterstützt habe. Auch das Verhältnis zu den Behörden sei gut, wobei die koptisch-orthodoxe Kirche die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts anstrebe.

Während die Koptisch-Orthodoxe Kirche Sonntagsschulen für verschiedene Altersstufen anbietet, hat die Syrisch-Orthodoxe Kirche einen eigenen Religionsunterricht etabliert. Diakon Augin Yalcin, Koordinator für den Religionsunterricht seiner Kirche, berichtete, dass es bereits in vielen Bundesländern syrisch-orthodoxen Unterricht gebe. Als große Herausforderung für die 120.000 Aramäer in Deutschland bezeichnete Yalcin die Bewahrung der kulturellen Identität, insbesondere der aramäischen Sprache. Um die aramäische Kultur zu erhalten, hat die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Gießen ein großes Gemeindezentrum mit vier Unterrichtsräumen und einer Bibliothek eröffnet.

Abraham Tezerra, Priester der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche, berichtete vom starken Wachstum seiner Kirche und den damit verbundenen Herausforderungen. Vor allem in den letzten zehn Jahren seien viele äthiopisch-orthodoxe Christen nach Deutschland gekommen. Es entstehen neue Gemeinden, die geeignete Räume und Kirchengebäude benötigen. Tezerra betonte, dass seine Kirche bewusst mit Veranstaltungen in der Gesellschaft präsent sei, um einen Einblick in die äthiopisch-orthodoxe Kultur zu geben.

Deutschland ist für viele christliche Gemeinschaften aus dem Nahen Osten, Afrika und Indien zu einem wichtigen Zentrum geworden. Während in den Herkunftsländern religiöse Minderheiten oft unter Druck stehen, bieten die deutschen Diaspora-Gemeinden Raum für den Erhalt ihrer kulturellen und spirituellen Traditionen. Gleichzeitig stehen sie vor der Herausforderung, ihre Identität in einer zunehmend säkularen Gesellschaft zu bewahren.

Die Dialogbegegnung unter dem Titel „Die Bedeutung der Diaspora für die Kirchen“ fand vom 26. bis 28. März in Berlin statt.