200 Jahre Berliner Mission

Am 29. Februar 1824 gründeten einige Berliner Bürger die „Gesellschaft zur Beförderung der Evangelischen Missionen unter den Heiden". In der Studierstube des Jura-Professors Moritz August von Hollweg am Holzmarkt legten diese Männer – unter ihnen nur ein Pfarrer – den Grundstein für die Missionsgesellschaft und somit für das heutige Berliner Missionswerk. Vereinsziel war es zunächst, bereits bestehende Missionsinstitute zu unterstützen. Deshalb war eine Vernetzung mit den bereits bestehenden Werken - Basler Mission, Barmer Mission, Londoner Mission und Pariser Missionsgesellschaft - eine der ersten Tätigkeiten des Komitees der Gesellschaft. 1829 begann die Arbeit eines eigenen Missionsseminars in Berlin.

Zunächst mussten die Gründer ihre Idee gegen staatliche und kirchliche Behörden verteidigen, die der Missionsidee skeptisch gegenüber standen. So wurde beispielsweise die Abhaltung eines Jahresfestes erst 1831 durch königliche Kabinettsordre gestattet. Zuvor waren 1829 die ersten jungen Missionsanwärter auf Probe in das noch provisorische Seminar in einer Mietwohnung am Rosenthaler Platz aufgenommen worden.

Erste Missionare gingen nach Südafrika

1834, zehn Jahre nach der Gründung, sandte die Berliner Missionsgesellschaft die ersten fünf Missionare nach Übersee aus. Das Komitee hatte sich, nach langen Diskussionen, für das Südliche Afrika entschieden. Hier schlugen die Männer am 24. September im Innern des Landes ihr Lager auf – diesen Platz sollten sie später „Bethanien“ nennen. Es war die erste Missionsstation der Berliner Mission. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen weitere Missionsgebiete hinzu; im Südlichen Afrika, in China und in Ostafrika, im heutigen Tansania.

Am 13. September 1838 konnte das Werk sein erstes eigenes Haus beziehen, in der Berliner Luisenstadt, Sebastianstraße 25. Es wurde bald zu klein. Am Königstor, damals am Rande der Stadt, begann man 1872 mit dem Bau eines neuen Hauses. Mit Büros und Wohnräumen für die Mitarbeitenden der Mission, aber auch für Gäste und Rückkehrer:innen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Infolge der beiden Weltkriege kam es zu Einschränkungen bzw. zur Unterbrechung der Kontakte nach Übersee. Nach 1945 ging man mit neuer Energie daran, diese Kontakte neu zu knüpfen. Zugleich wurden die Missionskirchen, die aus der Missionsarbeit hervorgegangen waren, selbständig. Als Antwort auf den Ruf der Generalversammlung des Weltkirchenrates in Neu-Delhi 1961 wurde die Mission integrativer Teil kirchlicher Arbeit. Die Berliner Mission, deren Unterstützer:innen vor dem Krieg etwa zur Hälfte aus einem Gebiet kamen, das nun nicht mehr zu Deutschland gehörte, wurde von anderen Missionsgesellschaften mitgetragen. Die Arbeit im östlichen Teil Deutschlands war starken Einschränkungen unterworfen. Das Missionsblatt durfte nicht veröffentlicht werden, Spenden durften nicht erbeten werden und Veranstaltungen durften nur in geschlossenen kirchlichen Räumen stattfinden. Eine Reiseerlaubnis ins Ausland zu den Konferenzen der Ökumene erhielt nur der Direktor. Geld konnte nur aus dem Westen nach Übersee überwiesen werden.

Und nun? Die ganze Arbeit in den Westen zu verlegen, hätte die Verbindung zu den Unterstützer:innen im Osten gekostet. Stattdessen wurde als Hilfsorganisation im Westen die Berliner Missionshilfe e.V. gegründet, aus der 1963 die Missionsgesellschaft Berlin (West) e.V. wurde. Die für die früheren Missionsländer verantwortlichen Mitarbeitenden blieben weiterhin in der DDR. Reisen nach Übersee wurden ihnen nicht erlaubt; nach dem Bau der Berliner Mauer konnten sie nicht einmal mehr West-Berlin besuchen. Die Mission genoss immerhin eine gewisse Duldung von staatlicher Seite, da sie zur Kirche gehörte. Ein engerer Zusammenschluss zwischen Kirche und Missionsgesellschaften geschah 1960 durch die Gründung des Ökumenisch-missionarischen Rates und des Ökumenisch-missionarischen Amtes.

Im Gebiet der damaligen DDR setzte die Berliner Mission somit ihre ökumenisch-missionarische Arbeit im Auftrag des DDR-Kirchenbundes im alten Missionshaus fort. Das Ökumenisch-Missionarische Zentrum (ÖMZ) pflegte Kontakte zu den Kirchen in Tansania, Kuba, Nahost, Ostasien und zu den sozialistischen Ländern Osteuropas.

Das Berliner Missionswerk gründet sich

In West-Berlin ging die Missionsgesellschaft – die seit 1968 ihren Sitz im Haus der Gossner Mission in der Handjerystraße in Friedenau hatte – in den Jahren 1974/75 im Berliner Missionswerk auf. Weitere Gründungsmitglieder waren der 1851 gegründete Jerusalemsverein, die Deutsche Ostasienmission (gegründet 1882) und die Union Evangelischer Kirchen (ehemals Evangelische Kirche der Union). Mit der Gründung übernahm das Berliner Missionswerk auch die Trägerschaft der Schule Talitha Kumi vom Kaiserswerther Diakonieverband. Das Berliner Missionswerk führte den Kontakt mit den Partnerkirchen weiter. Schwerpunkte waren insbesondere Südafrika, Tansania, Nahost und Ostasien. In China war die Arbeit nach dem Krieg unmöglich geworden, da den Missionaren kein Kontakt zur chinesischen Bevölkerung mehr erlaubt wurde.

Im Zuge von staatlichen Repressionen gegen Gemeinden der Partnerkirchen – wie beispielsweise in Äthiopien, Südkorea und Taiwan – gelangten in den 1970er und 1980er Jahre der Schutz der Menschenrechte, humanitäre Hilfe und die Verteidigung der Freiheit des Glaubens immer größere Bedeutung in der Arbeit. Dabei bestand ein Austausch zwischen dem Berliner Missionswerk mit dem Ökumenisch-Missionarischen Zentrum im Osten Berlins und mit weiteren Einrichtungen der Evangelischen Kirche in der DDR, um Einfluss auf die diplomatischen Beziehungen zwischen der DDR und der damaligen sozialistischen Regierung Äthiopiens auszuüben. In der Bundesrepublik bestanden Kontakte zu Organisationen wie der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und der Gesellschaft für bedrohte Völker. Das Berliner Missionswerk engagierte sich im Lutherischen Weltbund und im Ökumenischen Rat der Kirchen für den internationalen Schutz der Menschenrechte.

Das Berliner Missionswerk heute

Das heutige Berliner Missionswerk ging 1991 aus der Zusammenführung des Ökumenisch-Missionarischen Zentrums in Ost-Berlin und des Berliner Missionswerkes in West-Berlin hervor. 1999 kehrte das Berliner Missionswerk an seinen historischen Ort zurück, in das Missionshaus in Berlin-Friedrichshain; nun Teil des Evangelischen Zentrums der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Seit 2011 kooperiert das Berliner Missionswerk mit der Gossner Mission, die ebenfalls ihren Sitz im historischen Missionshaus hat.

Als „Auswärtiges Amt" der EKBO und der Ev. Landeskirche Anhalts pflegt das Berliner Missionswerk heute nicht nur die Beziehungen zu seinen ehemaligen Missionskirchen, sondern auch zu den anderen Partnerkirchen. Auf fast allen Kontinenten ist das Werk engagiert, sei es mit Entwicklungsprojekten, mit dem Freiwilligenprogramm oder im theologischen Austausch. Im Inland unterstützt das Missionswerk die gelebte Ökumene mit seiner langjährigen Expertise. Dieser Erfahrungsschatz aus 200 Jahren kommt auch dem Interreligiösen Dialog und dem Bereich Migration und Integration zugute, zwei Aufgaben, die das Berliner Missionswerk als Ökumenisches Zentrum der beiden Landeskirchen wahrnimmt.

Weitere Trägerorganisationen des Berliner Missionswerkes sind der Jerusalemsverein, die Deutsche Ostasienmission, die Gossner Mission, die Union Evangelischer Kirchen und die Kaiserswerther Diakonie. Das Berliner Missionswerk gehört zum Dachverband Evangelische Mission Weltweit (EMW) mit Sitz in Hamburg. Es unterhält Verbindungen zu Partnerkirchen in West- und Osteuropa, im Nahen Osten, in Afrika, Ostasien, Nordamerika und Kuba.

Das Berliner Missionswerk verfolgt mit seiner Arbeit vier Schwerpunkte:

  • Gemeinschaft zwischen den Kirchen
  • Einsatz für Menschenrechte und Entwicklung
  • Kirchliche Partnerschaften zwischen Gemeinden weltweit
  • Ökumenisches Lernen, zum Beispiel im Freiwilligenprogramm

 

"200 Jahre, eine lange Zeit"

Geschichte und Gegenwart in kurzen 8 Minuten