Aus Havanna an die Spree

Kuba Gastpfarrerin Ökumene
Liudmila Hernández Retureta im Gespräch. © Berliner Missionswerk

Gastpfarrerin aus Kuba begeistert von herzlichen Begegnungen

Aus Havanna an die Spree: Liudmila Hernández Retureta ist begeistert von der „Herzlichkeit, Offenheit und Neugier der Menschen“ der Menschen in Deutschland. Die junge Theologin aus Kuba hat „einfach losgelegt“ und freut sich auf weitere Herausforderungen in 2023.

Im August 2022 kam Pfarrerin Liudmila Hernández Retureta aus Havanna nach Berlin und Brandenburg, um ihren gut sechsmonatigen Dienst als „Gastpfarrerin“ in der EKBO anzutreten. Dem Berliner Missionswerk war die junge Theologin schon länger über das Freiwilligenprogramm des Werkes verbunden, hatte aber auch als Vize-Moderatorin der presbyterianischen Kirche Kubas enge Verbindungen nach Deutschland geknüpft.

Doch wechselseitige Besuche sind das eine – das Eintauchen in einen neuen und anderen (kirchlichen) Alltag ist etwas anderes! Anfangs war schon allein die Fülle an Eindrücken überwältigend. Kein Wunder: Mindestens einen Tag die Woche unterstützt sie den Kirchlichen Entwicklungsdienst in der Kuba-Arbeit und „schnuppert“ in seine andere Tätigkeitsfelder hinein. Die übrige Zeit wirkt sie im Kirchenkreis Oderland-Spree mit, wo sie die Pfarrteams in und um Fürstenwalde etwa bei Gottesdiensten und der Konfirmandenarbeit unterstützt sowie einen Einblick in Krankenhaus- und Notfallseelsorge und die diakonische Arbeit bekommt.

Wie gut, dass sie die wochenlangen Ausgangssperren während der Pandemie genutzt hatte, intensiv Deutsch zu lernen. Denn so konnte sie die Kolleginnen und Kollegen im Pfarramt schon nach wenigen Wochen selbständig vertreten, Liturgie und Predigten halten, die Junge Gemeinde anleiten. „Ein wenig aufregend war das schon“, bekennt Hernández, „doch die Herzlichkeit, Offenheit und Neugier der Menschen hat mir viel Mut gemacht, einfach loszulegen.“

So hält sie inzwischen auch viele Vorträge in Gemeinden und Einrichtungen. Dabei geht es nicht nur um das (christliche) Leben in Kuba, besonders in der aktuellen dramatischen Wirtschaftskrise. Gefragt ist auch ihr Einblick in die Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen: Bei der Vollversammlung dieses Weltkirchengremiums in Karlsruhe in 2022 wurde die 33-Jährige als Vertreterin der Karibik in den Zentralausschuss gewählt, eine Art ständiger Repräsentation der Mitgliedskirchen, die die Arbeit des Rates zwischen den Vollversammlungen begleitet.

Eine große Hilfe beim Ankommen und Kennenlernen war das Ehepaar Conny und Frank Schürer-Behrmann, von denen Hernández zu Hause aufgenommen wurde. So bekommt sie direkten Einblick in das Leben in einem deutschen evangelischen Pfarrhaus. „Mancher Aspekt scheint weltweit gleich: etwa die Offenheit für andere Menschen. Doch vieles ist auch anders. Mich beeindruckt, wie sich deutsche Familien nebenbei selbst versorgen: Obst und Gemüse anbauen, Konserven und Marmelade einkochen. Das wäre auch in Kuba wichtig, um etwas gegen die Lebensmittelkrise zu tun“, findet die Pfarrerin.

Eine weitere spannende Facette kirchlichen Lebens bei uns sind die verschiedenen Schnittstellen zwischen Religion, Staat, Politik und Gesellschaft. Durch ihre Mitarbeit im KED hat Hernández Gelegenheit, einen Einblick in die enge Kooperation in Bereichen wie etwa der Entwicklungszusammenarbeit oder Diakonie zu bekommen. „Das gibt es so bei uns natürlich nicht, wenn der Staat sich auch zunehmend für den Dialog mit den Kirchen öffnet. Aber die große Selbstverständlichkeit und Partnerschaftlichkeit dieses Austausches hier ist schon beeindruckend“, so die Theologin.

Für Februar 2023 ist geplant, dass sie ein paar Wochen im Kirchenkreis Steglitz mitarbeitet. Dort soll etwa auch schulischer Religionsunterricht zu den Erfahrungen hinzukommen.

Wichtig ist für Hernández, auch die spirituelle Seite des Austauschprojektes zu betonen: „Letztlich geht es doch bei unseren Partnerschaften vor allem darum, gemeinsam neue Wege zu erkunden, den Menschen das Evangelium näher zu bringen. In der Erfahrung eines überwundenen Staatsatheismus haben Kuba und gerade Ostdeutschland etwas gemeinsam. Aber vieles ist doch so anders: Bei uns wachsen die Kirchen wieder, wenn auch eher die Pfingstkirchen und politisch erzkonservative evangelikale Bewegungen. Mich interessiert, wie wir von ihnen lernen können, ohne unsere liberale theologische Identität preiszugeben.“ Das ist gewiss ein Interesse, das verbindet und noch viel Stoff für Gespräch bieten wird.

Foto: Liudmila Hernández Retureta im Gespäch mit Dr. Reinhard Richter, Frankfurt (Oder).