“Konferenz machte Mut und gab Hoffnung”
Vom 17. bis 21. Mai hat der Ökumenische Rat der Kirchen nach Berlin eingeladen, zur Konferenz: „Berlin 1884–1885 and Anti-Black Racism: In Search of a Shared Anti-Racist Ecumenical Vision“. Anlass der Tagung war die Erinnerung an die sogenannte „Kongokonferenz“ vor 140 Jahren, auf der in Berlin die Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den westlichen Staaten organisiert wurde. „In diesen Zeiten des Rollbacks, in denen es nahezu schon Mode geworden ist, sich und die eigene Nation ‚groß zu machen‘, war die Konferenz in Berlin eine eindrucksvolle Ermutigung: als weltweites ökumenisches Netzwerk gemeinsam gegen den Rassismus anzugehen“, so Afrika-Referent Dr. Martin Frank, der für das Berliner Missionswerk an der Tagung teilnahm.
Am Sonntagmittag, nach der feierlichen Eröffnung der Konferenz, besuchten viele Teilnehmende das Berliner Missionswerk, um sich bei einem Besuch in der neuen Ausstellung „Mission:Reflexion“ mit einer weiteren Frage auseinanderzusetzen: Wie hat die Berliner Kongokonferenz die Arbeit der protestantischen Missionsgesellschaften beeinflusst? In der Ausstellung wird versucht, über den Zusammenhang zwischen Mission und Kolonialismus nachzudenken. „Noch nie zuvor wurde bei einer Führung durch die Ausstellung so lebhaft diskutiert wie an diesem Tag“, so Martin Frank.
„Dabei machte die Konferenz selber Mut und gab Hoffnung – durch das so herzliche Zusammensein und respektvolle Diskutieren der so schweren Materie mit Menschen aus vielen Nationen“, so Dr. Frank weiter. „Für mich war es ein großes Privileg, dabei zu sein und die Herzlichkeit und Zugewandtheit der Menschen zu erleben, die unter alltäglichem und auch strukturellem Rassismus leiden. Es hat mich auch mit Scham erfüllt, zu der Gruppe von Menschen zu gehören, die von diesem Rassismus nicht betroffen ist, deren Nation sich aber im Laufe der Geschichte als überlegen gefühlt hat und diese Überlegenheit rücksichtslos mit Gewalt erkämpft hat – sei es im Maji-Maji-Krieg in Ostafrika oder in Namibia.“
Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Pastor Prof. Dr. Jerry Pillay, erinnerte am Ort der Tagung, dem Dietrich-Bonhoeffer-Hotel, an das mutige Zeugnis Bonhoeffers, der mit seinem Martyrium ein bis heute bewegendes Beispiel dafür gegeben habe, für den Glauben gegen Rassismus und Unrecht einzustehen. Der ÖRK stehe für Gerechtigkeit – aber Gerechtigkeit werde es nicht geben, so Pillay, solange wir dem nach wie vor wirkenden Rassismus nicht entschieden entgegentreten. In der Geschichte der Mission hätten Kolonialmächte zwar oft die Rahmenbedingungen geschaffen und die Mission zu ihren Zwecken geschützt – aber es habe auch Lichter der Hoffnung gegeben: Missionare, die sich gegen die Gewalt und die Verbrechen der Kolonialmächte gestellt haben.
Andere Teilnehmende der Tagung – unter ihnen Pastorin Dr. Angelique Walker-Smith, Präsidentin des ÖRK für Nordamerika, Leiterin des theologischen Engagements für Menschen afrikanischer Abstammung, sowie Pastor Dr. Guy Hewitt (Barbados/Vereinigtes Königreich), Direktor für Gerechtigkeit für rassistisch Diskriminierte in der Kirche von England – machten deutlich, dass die Kirchen nicht bei Erklärungen stehen bleiben dürfen. Dr. Fidon Mwombeki, Generalsekretär der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz, plädierte als Stimme vieler afrikanischer Kirchen wiederholt dafür, die Perspektiven und Anliegen Afrikas nicht nur mitzudenken, sondern in den Mittelpunkt ökumenischer Prozesse zu stellen. Dr. Konrad Raiser, ehemaliger Generalsekretär des ÖRK, erinnerte an die Nairobi-Konferenz vor 50 Jahren, auf der Rassismus als Sünde benannt wurde. Und Dr. Barbara G. Reynolds aus Guyana, Mitglied der UN-Expertenarbeitsgruppe für Menschen afrikanischer Abstammung, betonte die Notwendigkeit konkreter Schritte zur Umsetzung antirassistischer Strategien – auch und gerade in den Kirchen.
In seiner lebendigen und engagierten Ansprache zur deutschen Erinnerungskultur plädierte der Moderator des Zentralkomitees des ÖRK, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, dafür, in Berlin ein würdiges Denkmal zur Erinnerung an die Zeit des deutschen Kolonialismus zu errichten. In Schulen, Universitäten und Städten fehle es oft an entsprechenden Orten der Erinnerung: Wo in Deutschland wird an diese Geschichte erinnert?