Den Menschen Israels und Palästinas in diesen Tagen in besonderer Weise verbunden
Von Pfarrer Dr. Simon Kuntze, Nahostreferent des Berliner Missionswerkes
In diesen Tagen wird in Israel das Sukkot-Fest gefeiert. Juden weltweit erinnern sich dabei an den Auszug aus Ägypten und an die Befreiung aus der Sklaverei; Familien verbringen die Nächte in selbstgebauten Hütten. Ein schönes und friedliches Bild, das sich Besucherinnen und Besuchern des Landes bietet. Es ist ein Fest, an dem „du, Israel, mit allen, die bei dir wohnen, fröhlich sein sollst“, wie es in der Bibel heißt.
Kürzlich sagte eine Israelin in einem Interview mit Blick auf diesen Tag, dass sie wohl nie mehr mit der kindlichen Freude auf Sukkot zugehen könne wie vor dem 7. Oktober 2023.
Durch den Überfall der Hamas auf Israel, bei dem 1.200 Menschen gefoltert und ermordet und 250 Israelis in den Gazastreifen entführt wurden, ist dieses Fest von einem Tag der Freude zu einem Tag der Klage geworden. Noch immer werden Israelis als Geiseln im Gazastreifen festgehalten; noch immer ist die Bevölkerung Israels in Trauer.
Auch im Gazastreifen wird in diesen Tagen getrauert. 65.000 Menschen sind durch den Einsatz der israelischen Armee getötet worden, der nach dem Angriff der Hamas begann und immer noch andauert. Viele der Getöteten waren Frauen und Kinder. In der Westbank leiden die Menschen seither verstärkt unter der Gewalt nationalreligiöser Siedler sowie unter Hauszerstörungen, Festnahmen und Vertreibungen, die das israelische Militär durchführt oder duldet.
Wir sind den Menschen Israels und Palästinas in diesen Tagen in besonderer Weise verbunden. Wir denken an all jene, die Angehörige durch Gewalt verloren haben. Wir erinnern uns stellvertretend an Vivian Silver, die am 7. Oktober in ihrem Kibbuz Be’eri von Hamas-Terroristen ermordet wurde. Sie hat sich jahrzehntelang für Frieden und Verständigung in der Region engagiert. Ihr Sohn Yonatan Zeigen setzt ihre Arbeit fort. Wir erinnern an Awdah Hathaleen, der am 28. Juli dieses Jahres in der Westbank ohne Grund von einem Siedler ermordet wurde. Awdah Hathaleen hatte sich in seinem Dorf in Masafer Yatta dafür eingesetzt, dass die Menschen dort besser leben können.
Es geht nicht um Parteinahme für Palästinenser:innen oder Israelis. Es geht um das Recht der Menschen auf ein unversehrtes Leben in dieser Region. Pfarrerin Sally Azar erinnerte in einem Gespräch, das der Autor mit ihr und der Friedensaktivistin Sumaya Farhat-Nasser führte, eindrücklich daran, dass alle Menschen in der Region seit dem 7. Oktober 2023 nicht mehr in Würde, Sicherheit und Frieden leben.
Wir nehmen deshalb mit besonderer Dankbarkeit zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die sich in der Region für eine bessere Zukunft engagieren und die mit uns im Gebet und in ihrem Engagement verbunden sind: die Lehrer:innen Talitha Kumis, die Pfarrer:innen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, die Mitarbeitenden und Engagierten des „Ökumenischen Begleitprogramms für Palästina und Israel“ (EAPPI), die immer noch und gerade jetzt Palästinenser:innen in der Westbank begleiten; die „Rabbis for Human Rights“, die sich in Israel und Palästina für Menschenrechte und ein friedliches Zusammenleben einsetzen – und viele andere. Diese Menschen geben uns Hoffnung.
Und wir bitten, dass der Friede unter uns wachse, den Gott uns geschenkt hat.