Karlsruhe: Ökumene verändert und bereichert

Zum ersten Mal in Deutschland

Vom 31. August bis 8. September schaut die christliche Welt nach Karlsruhe. Zur 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen reisen rund 4000 internationale Gäste aus 350 Mitgliedskirchen und 120 Staaten der Erde an. Ein Ereignis, das nur alle acht Jahre stattfindet – und zum ersten Mal in seiner über 70-jährigen Geschichte in Deutschland. Von Seiten des Berliner Missionswerkes sind Direktor Dr. Christof Theilemann und seine Stellvertreterin Barbara Deml dabei sowie Afrikareferent Dr. Martin Frank und KED-Referent Dr. Patrick Roger Schnabel.

Für Christof Theilemann wird die 11. Vollversammlung nicht seine erste ÖRK-Tagung sein. 1981 nahm er als „Steward“ bei der Zentralausschusssitzung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Dresden teil. „Für mich als Jugendlicher und zumal in der DDR aufgewachsen, war das ein tolles Erlebnis: Dort traf sich die Jugend der Welt“, erinnert er sich. „Ökumene habe ich als etwas unglaublich Ermutigendes erlebt, etwas Befreiendes über Grenzen und Mauern hinweg; als emotionale Erfahrung einer weltweiten Familie. Das hat mein Weltbild verändert.“

Auch heute stehe die Begegnung im Mittelpunkt – auch wenn die Delegierten ein straffes Programm abarbeiten müssen. Aber es sei bereichernd zu erleben, wenn viele Menschen ganz unterschiedlicher Glaubenstraditionen zusammenkommen. „Etwa mitzuerleben, wie andere Konfessionen Gottesdienst feiern, tut gut. Ökumene verändert und bereichert.“

Delegierte der EKBO vor Ort wird Pröpstin Dr. Christina-Maria Bammel sein. Die Teilnehmenden des Berliner Missionswerkes nehmen nicht an der Vollversammlung direkt teil, nutzen aber die Gelegenheit, Gesprächspartner:innen aus aller Welt zu treffen. „Dabei können wir Perspektiven der Partnerschaft besprechen und uns über die Situation der Partnerkirchen austauschen. Die Vollversammlung bietet dafür ein tolles Forum und einen geschützten Raum.“ Zudem sind Afrikareferent Dr. Martin Frank und KED-Referent Dr. Patrick Roger Schnabel beratend bei den „Ecumenical Conversations“ dabei.
 

 In Karlsruhe wird es um Friedensethik und Menschenrechtsfragen gehen, um den Krieg in der Ukraine, um ökonomische Ungleichheit, ums Klima, den Ost-West-Konflikt… „Die Welt steht vor großen Herausforderungen, das wird die Gespräche und Diskussionen prägen“, so Theilemann. Sicherlich werde auch über den Nahost-Konflikt gesprochen werden. „Und über die Themen, die auch bei uns oben auf liegen: Rassismus, Postkolonialismus, Umgang mit den Pfingstkirchen, sexuelle Diversität und sexualisierte Gewalt. Das Tagungsmotto ,Die Liebe Christi eint und versöhnt die Welt´ ist das Dachthema, unter dem alles diskutiert wird.“

Der Direktor des Berliner Missionswerkes geht davon aus, dass drei Themen im Vordergrund stehen werden: Klimagerechtigkeit, Ukraine-Krieg und Nahost-Konflikt. „Da erhoffe ich mir klare Ansagen. Auch wenn eine Abstimmung bei so vielen Delegierten aus allen Teilen der Welt nicht einfach ist. Zumal seit 2006 das Konsensprinzip herrscht.“

Unverständlich ist Christof Theilemann, dass es immer wieder zu Antisemitismus-Vorwürfen dem Ökumenischen Rat der Kirchen gegenüber kommt. Das Berliner Missionswerk habe mit der ELCJHL eine palästinensische Partnerkirche, die Mitglied im ÖRK ist. „Die palästinensischen Christinnen und Christen möchten auf ihre Probleme aufmerksam machen. Und viele Mitgliedskirchen des ÖRK wollen sich stärker für sie einsetzen. Die Menschenrechte dürfen nicht hinten runterfallen.“ Das sei für ihn kein Antisemitismus. „Allerdings haben wir als Deutsche eine besondere Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk. So steht es in der Grundordnung in der EKBO, Artikel I, 12. Die Kirche hat Mitschuld an der Ausgrenzung und Vernichtung jüdischen Lebens. Und nimmt besonderen Anteil am Weg des jüdischen Volkes. Beidem, der Beziehung zur palästinensischen Partnerkirche und der zum jüdischen Volk müssen wir uns stellen.“